Licht und Schatten

Tom Kummers Roman „Von schlechten Eltern“ zeigt die innere Zerrissenheit in Zeiten der Trauer

Von Stefan FüllemannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefan Füllemann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dunkelheit, Trauer, Alleinsein? Oder Licht, Freude, Beziehungen? Bei der Suche nach Antworten nimmt uns Tom Kummer mit auf eine kurvenreiche Fahrt durch die Schweiz. Seine Hauptperson Tom Kummer, die gleichfalls auch Erzähler ist, kehrt nach dem Tod seiner Ehefrau Nina als alleinerziehender Vater aus den USA zurück in die Schweiz und arbeitet dort als Nachtchauffeur und VIP-Fahrer für Führungskräfte und afrikanische Diplomaten. Mit zurückgekehrt nach Bern ist sein Sohn Vincent. In den USA geblieben ist sein älterer Sohn Frank.

Die Anziehungskraft des Romans liegt in der Anspannung zwischen dem herausfordernden Familienalltag mit dem 12-jährigen Sohn und den Nachtfahrten durch die Dunkelheit der Schweiz. Hier der Sohn, der ihn – Tom Kummer – am Leben hält, ihn fordert und auffordert am Leben teilzunehmen. Dort die Nachtfahrten mit Suizidgedanken, dem Gesicht seiner verstorbenen Frau auf der Windschutzscheibe und mit teilweise dubiosen und undurchsichtigen Fahrgästen. Und als wäre das nicht schon genug an Zerrissenheit steht noch die Frage im Raum, ob der verlorene Sohn Frank aus den USA zurückkehrt und die Familie zumindest zu dritt wieder zusammenfindet. Das Leben würde eine gute Wendung nehmen.

Durch den Wechsel von Innen- und Außenperspektive, der mal harten und brutalen, mal malerischen und zärtlichen Sprache ist der Roman abwechslungsreich und durchgehend spannend. Auch gewährt er einen Blick auf die Gegebenheiten in der Schweiz mit Seen, Bergen und Ortschaften. Etwas Thriller und etwas Heimatroman, umrahmt von Trauer.

Das Buch schließt an Tom Kummers letzten Roman Nina und Tom an, der 2017 erschienen ist. Dort verarbeitet Tom Kummer den Tod seiner Frau. Mit Von schlechten Eltern führt er die Verarbeitung fort und ergänzt sie noch um das neue Leben nach der Rückkehr von Los Angeles in die Schweiz.

So sehr der Roman beim Lesen auch berührt, ganz nah kommt der Leser der Hauptperson Tom Kummer nie. Da sind zum einen verwirrende sexuelle Gedanken zum Vater-Sohn-Verhältnis. Zum anderen ist es das verstörende Ende, welches den Wunsch nach einem besseren und helleren Leben abrupt beendet. Vielleicht bedeutet dies, dass am Ende die Dunkelheit siegt.

Titelbild

Tom Kummer: Von schlechten Eltern. Roman.
Tropen Verlag, Stuttgart 2020.
256 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-13: 9783608504286

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