Erklär mir die Welt

Gesammelte Artikel von Gilbert Adair

Von Bernd ChristmannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Bernd Christmann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Gilbert Adair ist vielleicht am ehesten aufgrund seines Romans "Liebestod auf Long Island" bekannt, der vor einigen Jahren mit Jason Priestley verfilmt wurde. In seinem Buch "Wenn die Postmoderne zweimal klingelt" liegen nun Artikel aus den Jahren 1986 - 1997 vor, die alle diversen anderen Werken entnommen sind. Untertitelt ist das Ganze als "Variationen ohne Thema", womit auf die scheinbare Themenlosigkeit der Essays angespielt wird. Als dünner roter Faden zieht sich allerdings die titelstiftende Postmoderne durch das Buch, in der wir uns laut Adair nolens volens befinden.

Hat man sich durch den Eingangstext gequält, der gleichzeitig dem Buch seinen Namen gibt und somit wohl als eine Art Einleitung betrachtet werden kann, ist man auf das Schlimmste gefasst. Weitgehend unverständlich der Inhalt, hochtrabende Anspielungen, eine verschachtelte Syntax, regelrecht langweilig. Wer sich dennoch aufrafft weiterzulesen, wird äußerst positiv überrascht sein. Es folgen erfrischend kurze Artikel (drei bis fünf Seiten) zu so anregenden Themen wie "transtextuellen Texten" oder dem Wörtchen "um". In einem Stil, der sich irgendwo jenseits von Ephraim Kishon und Max Goldt bewegt, erweist sich Adair als liebevoller Betrachter kultureller Nischen. Man kann es so ausdrücken, dass er es blendend versteht, Dinge auszusprechen und auf den Punkt zu bringen, die einem selbst schon immer irgendwie aufgefallen sind. So formuliert er beispielsweise die Frage, warum Donald Duck zwar eine Jacke, aber keine Hose trägt, oder warum der Theatergänger bei allen Shakespeare-Stücken in der ersten Viertelstunde vollkommen ratlos ist. Seine Themen sucht sich Adair als Kulturschaffender vor allem in den Bereichen Film, Musik, Literatur und Theater, aber es gelingt ihm immer, genau das nicht zu produzieren, was er selbst mit dem schönen Ausdruck "intellektuelles Gewäsch" bezeichnet. Zwar bewegt er sich in seiner Sprache und in seinem Stil auf hohem Niveau - Sätze über eine Viertelseite sind durchaus keine Seltenheit -, doch bleibt er immer leicht und bodenständig. Es mag sogar vorkommen, dass der Leser zu schenkelklopfendem Lachen animiert wird und sich dessen fast schämt, glaubt er doch, in einem Buch ernster Kulturkritik zu lesen. Ein Eindruck, der leider viel zu lange über dem Buch hängt, verursacht durch den Titel und den schwer verdaulichen Eingangstext.

Titelbild

Gilbert Adair: Wenn die Postmoderne zweimal klingelt.
Übersetzt aus dem Englischen von Thomas Schlachter.
Edition Epoca, Zürich 2000.
208 Seiten, 20,20 EUR.
ISBN-10: 3905513196

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