Bilder machen Geschichte

Eine Festschrift für den Fotohistoriker Timm Starl

Von Ralf Georg CzaplaRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ralf Georg Czapla

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit "Fotografie & Geschichte" ehren Herausgeber und Beiträger Timm Starl anlässlich seines 60. Geburtstags am 13. September 1999. Obgleich Autodidakt, von keinem akademischen Grad legitimiert und an keine Institution angebunden, hat sich Starl wie kaum ein Zweiter um die wissenschaftliche Erforschung der Fotografie im deutschen Sprachraum verdient gemacht. Seine Bücher "Im Prisma des Fortschritts. Zur Fotografie im 19. Jahrhundert" (1991) und "Knipser. Die Bildgeschichte der privaten Fotografie in Deutschland und Österreich von 1880 bis 1980" (1995) gehören längst zu den Standardwerken der Fotografiegeschichte. 1980 rief er die Zeitschrift "Fotogeschichte. Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie" ins Leben, die unter seiner fast zwei Jahrzehnte währenden Ägide zu einem der bedeutendsten wissenschaftlichen Organe für die Historiographie der Fotografie in den deutschsprachigen Ländern avancierte.

Der Titel, den Dieter Mayer-Gürr als Herausgeber für die Festschrift gewählt hat, korrespondiert mit den Schwerpunkten von Starls Arbeit als Fotohistoriker seit dem Beginn der achtziger Jahre. Thematisch bewegen sich die Beiträge vor allem im Spektrum von Kriegsfotografie, Fotografie im autoritären Staat, Porträtfotografie und Frauenforschung. Bei ihnen handelt es sich durchweg um überarbeitete Fassungen von Vorträgen, die im Oktober 1999 im Rahmen eines vom Bildarchiv Foto Marburg und dem Jonas Verlag veranstalteten Kolloquiums zu Ehren von Timm Starl gehalten wurden: Katharina Sykora stellt Berufsfotografinnen der zwanziger Jahre im Spannungsfeld von Kunst und Kommerz vor und nimmt dabei insbesondere Lotte Jacobi, Ellen Auerbach, Grete Stern und Ella Bergmann-Michel in den Blick. Ute Wrocklage beschäftigt sich mit dem Fotografen Franz Bauer und zeichnet dessen Weg vom Kunstfotografen zum Dokumentaristen der Nationalsozialisten nach. Monika Faber befasst sich am Beispiel des Kunsthistorikers Heinrich Schwarz mit der Nutzung von technischen Errungenschaften durch die Kunstgeschichtsschreibung. Diethart Kerbs rekonstruiert in seinem innovativen Beitrag die Lebensläufe deutscher Fotografen im spanischen Bürgerkrieg. Nach den politischen und historischen Hintergründen stalinistischer Bildmanipulationen fragt der Beitrag von Nicola Hille; mit den Fotografien von berufstätigen Frauen während des Dritten Reiches setzt sich Miriam Y. Arani auseinander. Ludger Derenthal behandelt am Beispiel Konrad Adenauers die Ikonographie des Kanzlerporträts in der Bundesrepublik. John Brüning wirft abschließend einen Blick auf die deutschsprachige Fotolehr- und Fachliteratur des 20. Jahrhunderts.

Herausgeber und Beiträger des Bandes zeigen sich dem Jubilar in mannigfacher Hinsicht verpflichtet, wurden doch viele ihrer Studien von ihm angeregt oder gefördert. Dementsprechend persönlich ist die Festschrift gehalten. Den Einband schmückt eine Fotografie, die Starl als Kind zeigt und damit in individueller Weise Fotografie und Geschichte verbindet. Auch mit der Gestaltung des Bandes erweisen Herausgeber und Verlag dem Jubilar ihre Reverenz. Sieht man einmal von dem kleineren Format ab, so wurden Einbandfarbe und Seitenlayout der Zeitschrift "Fotogeschichte" angepasst. Ebenso wie die Beiträge dort befinden sich auch die der Festschrift inhaltlich auf einem hohen Niveau. Dagegen lässt die Form jegliche Sorgfalt vermissen. Was dem Leser an Verstößen gegen Orthographie und Interpunktion zugemutet wird, ist mitunter haarsträubend. Eine gründliche Redaktion hätte dem Band gut getan, und zwar umso mehr, als Timm Starl es in seinen Publikationen daran niemals fehlen ließ.

Kein Bild

Dieter Mayer-Gürr (Hg.): Fotografie und Geschichte. Tim Starl zum 60. Geburtstag.
Jonas Verlag, Marburg 2000.
172 Seiten, 24,50 EUR.
ISBN-10: 3894452641

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