Der steile Aufstieg zur Filmdiva

Nigel Goodalls Biographie über die US-Schauspielerin Demi Moore

Von Ralf Georg CzaplaRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ralf Georg Czapla

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wann immer von Demi Moore die Rede ist, fallen Begriffe wie Sinnlichkeit, Erotik, Körperbewusstsein und Sex. Dass dem so ist, daran hat die 1962 geborene Schauspielerin einen nicht unerheblichen Anteil, erweckte sie doch seit dem Beginn der neunziger Jahre wiederholt den Eindruck, als sei ihr Körper ihre erste Kleidung. Zweimal sorgte sie durch provokante Aktaufnahmen für das Cover von "Vanity Fair" - im August 1991 posierte sie nackt und hochschwanger, genau ein Jahr später mit einem Bodypainting - für Empörung in den USA. Gezielte Werbekampagnen ließen die Öffentlichkeit teilhaben an den schweißtreibenden und körperformenden Vorbereitungen, die nötig waren, um Rollen wie etwa die der Erin Grant in "Striptease" oder der Jordan O'Neill in "G. I. Jane" überhaupt glaubhaft spielen zu können.

Der britische Autor und Journalist Nigel Goodall, bekannt geworden durch seine Bücher über Johnny Depp und Winona Ryder, hat nun die erste ausführliche Biographie zu Demi Moore vorgelegt. Indem er im Titel auf die üblichen Klischeezuweisungen wie etwa "Vamp" oder "Lady" verzichtet, deutet er an, dass er die Schauspielerin von anderer Seite darstellen will, und zwar als selbstbewusste, unabhängige Frau, als welche sich Demi Moore auch selbst gerne sieht. Demi Moores Lebensgeschichte ist die eines phänomenalen Aufstiegs vom schielenden verhaltensauffälligen Kind zu einer der bestbezahlten Schauspielerinnen Hollywoods. Geboren wurde sie als Demetria Gene Guynes in Roswell, jenem trostlosen Flecken im US-Bundesstaat New Mexiko, der kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als vermeintlicher Landeplatz von Außerirdischen in die Schlagzeilen geraten war und in den 60er Jahren, als der Western in den Kinos Triumphe feierte, verschiedentlich als triste Kulisse gedient hatte. Die ständige Jobsuche ihres Vaters, eines Anzeigenvertreters, führte dazu, dass sie innerhalb von zwei Jahren nicht weniger als 48-mal umziehen und sich ständig an neue Umgebungen gewöhnen musste.

Wilde Partys, Drogen und Alkohol bestimmten zunächst ihr Leben. Mit 16 Jahren gab sie die Schule auf, die sie ohnehin nur noch unregelmäßig besucht hatte, arbeitete als Model und kam über die deutsche Schauspielerin Nastassja Kinski schließlich zum Film. Zwei Jahre später heiratete sie den erheblich älteren, notorisch erfolglosen Rockmusiker Freddy Moore und nahm seinen Namen an, den sie auch nach dem Scheitern der Ehe behielt. Kleinere Auftritte in B-Movies wie "Parasite" und "Choices" und in verschiedenen TV-Produktionen (u. a. in der erfolgreichen Soap-Opera "General Hospital") machten schließlich namhafte Regisseure auf sie aufmerksam. Als Joel Schumacher, des ständigen Drogenkonsums seiner Hauptdarstellerin überdrüssig, ihr bei den Dreharbeiten zu "St. Elmo's Fire" mit dem Rauswurf drohte, entschied sich Moore zu einer Entziehungskur. Weitere Engagements an der Seite ihrer Lebensgefährten Rob Lowe und Emilio Estevez folgten. Die Hochzeit mit Hollywood-Rauhbein Bruce Willis avancierte 1987 zum Medienereignis des Jahres und beschäftigte mehr als zehn Jahre weltweit die Boulevardpresse. Mit "Ghost" gelang ihr 1990 der endgültige Durchbruch im Filmgeschäft. Ihren größten Leinwanderfolg feierte die dreifache Mutter 1994 mit dem Thriller "Disclosure", in dem sie als eiskalte Managerin ihren Mitarbeiter (gespielt von Michael Douglas) sexuell nötigt und beruflich zu ruinieren sucht, als dieser sich ihr verweigert. Selbst Kassenflops wie "The Scarlet Letter", "Striptease" oder "G. I. Jane" können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Demi Moore eine der erfolgreichsten US-Schauspielerinnen der neunziger Jahre ist. Der extravagante Stil, den sie pflegt, ihre erotischen Eskapaden und die unübersehbare Egozentrik führten in den letzten Jahren jedoch dazu, dass sie im Bewusstsein der Öffentlichkeit zunehmend mit jenen Rollen identifiziert wurde, die sie im Film verkörpert. Inzwischen gilt sie in Hollywood als "Kassengift". Eigene Filmproduktionen, Schallplattenaufnahmen und publizistische Tätigkeiten zeugen indes von ihrer künstlerischen Vielseitigkeit.

Von ihrem Hollywood-Debüt bis zu ihren letzten Filmproduktionen behandelt Goodalls Buch die Ereignisse und Umstände, die Demi Moores außergewöhnliche Persönlichkeit gebildet und ihr den Aufstieg zum Superstar ermöglicht haben. Es beschreibt ihre sorgenvolle Kindheit, die schwierigen familiären Verhältnisse, ihre wechselvolle Ehe mit Bruce Willis sowie ihre tatsächlichen oder nur behaupteten Affären mit Kollegen wie Emilio Estevez, Brad Pitt oder "Titanic"-Star Leonardo DiCaprio. Die Gelegenheit zu einem ausführlichen Gespräch mit der Schauspielerin hat sich für Goodall nach eigener Auskunft nicht ergeben, so dass er schließlich auf Berichte in Magazinen und Zeitschriften angewiesen blieb. Dies merkt man seiner Biographie leider nur allzu häufig an. Letztlich ist sie nichts weiter als ein Destillat all dessen, was seit fast zwei Jahrzehnten über Demi Moore zu lesen ist, auch wenn der Biograph kritisch mit dem ihm zur Verfügung stehenden Material umgeht. Goodall ist von dieser Frau merklich fasziniert. Die Auseinandersetzung mit ihren Filmen, von denen einige durchaus bemerkenswert sind und von der Kritik zu Unrecht abgewertet wurden, steht dahinter zurück. Bedauerlicherweise.

Titelbild

Nigel Goodall: Demi Moore. The Most Powerful Woman in Hollywood.
Mainstream Publishing Company, Edinbourgh, London 2000.
190 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-10: 1840182695

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