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Vom Schein zum Sein

Juan Minana entführt in die glamouröse Welt alter Hollywood-Produktionen

Von Oliver Georgi

Barcelona im Jahr 1963. Der amerikanische Regisseur Samuel Bronston dreht im Billiglohnland Spanien den Film "Circus World" - mit Weltstars wie John Wayne, Rita Hayworth und Claudia Cardinale. Die Dreharbeiten laufen auf vollen Touren, als eines Morgens ausgerechnet der Hauptdarsteller John Wayne nicht mehr auffindbar ist. Hektisch begibt man sich auf die Suche nach dem alternden Star - und beauftragt die beiden spanischen Requisitenjungen Gabriel und Teddy, Wayne binnen zwölf Stunden wieder zurück an den Drehort zu bringen. Die beiden machen sich sofort an die Arbeit, denn als Belohnung lockt schließlich Hollywood.

Mit seinen "Nachrichten aus der wirklichen Welt" hat der Spanier Juan Miñana seinen vierten Roman vorgelegt. Neben den Romanen veröffentlichte er bereits Bände mit Gedichten und Erzählungen, die von der Kritik sehr wohlwollend aufgenommen wurden. Und auch das vorliegende Werk weiß zu fesseln.

Mit wunderbar erfrischender Eleganz erzählt Miñana vom alltäglichen Wahnsinn am Set einer Filmproduktion inmitten egomanischer Stars und Sternchen. Dabei ist sein neuestes Buch nicht nur eine Hommage an die Traumfabrik Hollywoods: Miñana schildert auch minutiös das Leben im Barcelona der zu Ende gehenden Franco-Zeit. Und so vermischt sich in "Nachrichten aus der wirklichen Welt" Anekdotenhaftes mit Politischem, Boulevardeskes mit liebevoller Milieuschilderung.

Mit wohltuend unangestrengter, klarer Sprache und einem feinen Sinn für hintergründigen Humor erreicht Miñana eine Leichtigkeit des Erzählens, die begeistert. Streckenweise enthält das Buch umwerfend komische Kabinettstückchen und ironische Miniaturen - etwa die Schilderung einer gestellten Werbeaufnahme mit Seehunden und Komparsen mitten auf einer viel befahrenen Straßenkreuzung Barcelonas.

Der uralte Widerspruch zwischen Schein und Sein - das ist Miñanas großes Thema. Augenzwinkernd und mit Sympathie entlarvt er die glamouröse Glitzerwelt des Films, ohne ihr die Existenzberechtigung abzusprechen. Im Gegenteil: "Nachrichten aus der wirklichen Welt" ist eine Liebeserklärung an das Irreale und wissentlich Erträumte.

Sanft und behutsam schminkt Miñana das dicke Make-Up des Films ab und führt seinen Leser in die wirkliche Welt. Dass dieser Prozess nicht notwendigerweise schmerzhaft sein muss, zeigt dieses Buch.

Juan Miñana: Nachrichten aus der wirklichen Welt. Roman. Übersetzt aus dem Spanischen von Willi Zurbrüggen. Berlin Verlag, Berlin 2001. 224 Seiten, 18,40 EUR. ISBN-10: 3827003601 Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch