Ein Sammelband zu Rudolf Kassner

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Physiognomik befindet sich derzeit im Aufwind. Sie wird zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung erkoren (Claudia Schmölders) oder selbst als "Wissenschaft" des Gesichterlesenes praktiziert (Karl-Heinz Bohrer). Diesem Kontext lässt sich der aus dem Münchener Symposium hervorgegangene Sammelband allerdings nur in Teilen zuordnen. Der Titel "Physiognomik als Wissensform" vereint in erster Linie Artikel zu einzelnen Werken, Übersetzungen und Briefen Kassners. Daneben finden sich Beiträge zur Heidegger- und George-Rezeption des österreichischen Schriftstellers und Kulturphilosophen, gefolgt von wirkungsgeschichtlichen Studien. Kassners etwa in "Zahl und Gesicht" (1919) formulierte Physiognomik wird lediglich in einem psychoanalytisch orientierten Artikel Claudia Schmölders' gewürdigt ("Physiognomik des Sohnes"). Gerade weil Kassner die Physignomik nicht auf die Entzifferung des menschlichen Antlitzes beschränkte und sich bei ihm etwa auch eine physiognomische Geschichtsbetrachtung findet, vermisst man in diesem Band begriffsgeschichtliche Klärungen - von der unklugen, da beim Leser falsche Erwartungen weckenden Titelwahl ganz abgesehen.

F. M.

Titelbild

Gerhard Neumann / Ulrich Ott (Hg.): Rudolf Kassner. Physiognomik als Wissensform.
Rombach Verlag, Freiburg 1999.
302 Seiten, 50,10 EUR.
ISBN-10: 3793092089

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