Eine Aufsatzsammlung zur Geschichte des Ich in der Literatur

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Literarische Konstruktionen des Ich sondieren Schichten und Brüche in der Ich-Identität, sie gestalten das Leiden am Ausgeliefertsein an sich selbst oder an übergeordnete Instanzen. Von Augustinus oder Novalis noch in Harmonie mit der Schöpfung konzipiert, ist das Ich seit dem Sturm und Drang mit seinen Ambivalenzen konfrontiert. In den Doppelgängergeschichten der Romantik wird es mit einem unheimlichen Schatten ausgestattet, der es zum Halbwaisen seiner selbst werden lässt, um die Wende zum 19. Jahrhundert erschüttern neurotische Destabilisierungserfahrungen und Identitätsverlust das Bild eines autonomen Subjekts. Die gesellschaftlichen Umwälzungen und politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts verschärfen diese Brüchigkeit und fordern neue Entwürfe. Mit den Ich-Krisen kontrastieren scharf die Konzepte der Entgrenzung des Ich, seiner Erlösung etwa durch Verschmelzung mit der Natur. Der Sammelband dokumentiert die Ergebnisse eines im März 1999 in Salzburg veranstalteten Symposiums. Zu den behandelten Autoren gehören Goethe, Tieck, Stifter, Ernst Mach, Schnitzler, Robert Walser, Hermann Hesse, Canetti, Wolfgang Hildesheimer, Gina Kaus, Peter Handke und andere mehr. Zwei Aufsätze beleuchten die postmoderne Dekonstruktion des Subjekts.

F. M.

Titelbild

Eduard Beutner / Ulrike Tanzer: Literatur als Geschichte des Ich.
Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2000.
364 Seiten, 50,10 EUR.
ISBN-10: 3826018648

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