Betrüger aus verfehlter Eifersucht

Junge deutschsprachige Autorinnen schreiben über den Verrat in und an der Liebe

Von Petra PortoRSS-Newsfeed neuer Artikel von Petra Porto

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Dies scheint das Leitmotiv der neun Kurzgeschichten in "Liebe bis aufs Blut" zu sein. Neun junge deutschsprachige Autorinnen (Simone Buchholz, Tanja Dückers, Jenny Erpenbeck, Alexa Hennig von Lange, Judith Hermann, Zoë Jenny, Silvia Szymanski, Alissa Walser und Maike Wetzel) versuchen zu ergründen, was hinter der großen Liebe steckt, die meist doch dann endet, wenn auch das Vertrauen aufhört und die Verdächtigungen anfangen - oft unbegründet und deshalb umso gekränkter aufgenommen, manchmal jedoch auch berechtigt und dann Grund für eine Trennung oder auch Schlimmeres.

Was geschieht, wenn ein junges Mädchen glaubt, dass der Freund oder die Freundin fremdgehen, gemeinerweise allein zurechtkommen und das auch noch sehr gut, während das Mädchen selbst sich nach der Liebe verzehrt, den alten Zustand des Nicht-Wissens und der geradezu paradiesischen Unschuld herbeiführen möchte? Oder wenn sie die Betrügerin und er der Betrogene ist, vielleicht weil es sich so ergeben hat oder weil sie eben keine Frau für nur einen Mann ist? Was löst Eifersucht aus und wie reagiert man darauf? Mit Wut, Hass oder Trauer?

Die Kurzgeschichtensammlung gefällt deshalb so gut, weil die Autorinnen verschiedene Arten der Eifersucht ausloten. Es muss gar keine wirkliche Person sein, die den Zweifel auslöst. Ein falsches Wort, eine falsch verstandene Geste, nicht eingelöste Versprechen oder das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Häufig genügt, dass die Anwesenheit selbstverständlich zu werden droht. Vor allem bei jungen Menschen, die die Autorinnen beinahe ausnahmslos zu ihren Hauptfiguren erkoren haben, reicht es, wenn sich irgendwie der Verdacht eingeschlichen hat, dass der oder die Geliebte fremdgeht, um "Beweise" zu schaffen - und sei es in der Phantasie, der bösen Begleiterin, die Bilder und Situationen aufbläst, bis man nichts anderes mehr erkennen kann.

Und die Reaktion? Rückzug in die eigenen vier Wände, die eigene Haut, die Familie - oder auch In-die-Offensive-gehen, angreifen, es dem anderen schwer machen, bloß unter großen Verlusten für den anderen loslassen. Allerdings ist der Titel der Sammlung dennoch vielleicht etwas unglücklich gewählt. Wer Blut, Mord und Totschlag erwartet, wird bis auf wenige Ausnahmen enttäuscht. Zumeist ist es bloß der Betrogene, der leidet, und es ist die Liebe oder das mit ihr verwechselte Gefühl des Verliebtseins, die stirbt, nicht der untreue Freund.

Äußerst einfühlsam kriechen die Autorinnen dabei in die Haut ihrer Protagonistinnen. Jeder einzelnen gelingt es meisterhaft, die Träume, die wirren Gedanken, das etwas unklare Gefühl, nicht zu wissen, wohin man gehört, das die zumeist noch pubertierenden Hauptfiguren empfinden, festzuhalten, in rätselhaften Zerrbildern, in die der Leser sich hineinfinden, die er sich zusammensuchen, zusammensetzen muss. Und dabei lächeln kann über die Unbeholfenheit der jungen Dinger, die sich umwerfen lassen von solchen Kleinigkeiten. Oder mitleiden, weil das Gefühl, plötzlich an Wert verloren zu haben, weil jemand anderer nun das bekommt, worum man selbst gestern noch gekämpft hatte, eben nicht verjährt.

Titelbild

Uwe-Michael Gutzschhahn (Hg.): Liebe bis aufs Blut. Geschichten über die Eifersucht.
Carl Hanser Verlag, München 2001.
144 Seiten, 10,20 EUR.
ISBN-10: 3446200436

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