Einfach unwiderstehlich

Nadja Einzmann legt ein Debüt vor, zu dem man nicht nein sagen kann

Von Mischa GayringRSS-Newsfeed neuer Artikel von Mischa Gayring

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Geschichten von der Liebe" - so der Untertitel -, die meist nicht länger sind als ein oder zwei Seiten. "Geschichten von der Liebe", die mal ängstlich, entschieden, mal hoffend, verzweifelt daherkommen. Dabei scheut sich die Autorin nicht vor großen Gefühlen. Sie erzählt von der Liebe, als gäbe es nichts anderes. Sie erzählt eine Geschichte verpackt in viele Geschichten: Es beginnt mit dem Kennenlernen, dem unsicheren Anfang. Aus zweien wird ein Paar. Und dann, irgendwann, "fährt sie in den Abend, Hände im Schoß, und dass er kleiner wird hinter ihr, immer kleiner, weiß sie ohne sich umzudrehen."

"Da kann man nicht nein sagen" heißt das Debüt von Nadja Einzmann, das rechtzeitig zur Frankfurter Buchmesse in der Collection S. Fischer erschienen ist. Aus Frankfurt stammt auch die Autorin selbst, die mit ihren 27 Jahren ein Buch vorgelegt hat, das zu lesen sich nicht nur lohnt, sondern sich geradezu empfiehlt.

Einzmanns Figuren lieben, entlieben oder verlieben sich gerade neu, kommen zusammen oder trennen sich wieder. Die meisten hoffen, viele zweifeln oder bangen. Manche gehen auf Partys, andere auf Reisen. Man denkt an zukünftiges Glück oder an Trennung. Und doch fragen sich alle irgendwann einmal, wie dieses eine Leben gelebt werden müsse, um glücklich zu werden. Es geht also um Schmerz, Vertrauen und Macht. "Und wenn sie täglich schriebe, auch dann würde er sich freuen und freuen. Nur bliebe ihm nicht viel Zeit zurückzuschreiben, das wisse sie ja", sagt einer allen Ernstes zu seiner Liebsten, und ein anderer gesteht der seinigen: "Es ist so, dass ich dich nur schwer ertragen kann. Du fällst mir zu sehr auf."

Gerade diese pointierten Schlusswendungen, die von der hohen Schule der Andeutungskunst zeugen, machen die Texte zu einem einzigartigen Lesevergnügen. Dabei liegt ihr Geheimnis nicht im Stoff - es ist ja der übliche -, sondern in der erstaunlichen Gelenkigkeit der Sprache. Häufig erzählen die Frauen oder Mädchen von sich selbst oder sie referieren das, was ihnen die Herren an den Kopf werfen. "Ich bin am schönsten, wenn ich nicht rede, hat er mir gesagt." Doch Einzmanns Ironie wäre nicht perfekt, wenn der nächste Satz nicht festhielte: "Und er hat recht."

Konsequent operiert in dieser Prosa also vor allem die Ironie, die aber nicht als kompakte Eisschicht über den Texten liegt, sondern hauchdünn, zerbrechlich und zart ist, wie die Liebe selbst. Das eine könnte man als Spottlust bezeichnen, als Sehnsuchtspathos das andere. Aber Literatur entsteht nur dort, wo Spottlust und Sehnsuchtspathos aufeinander treffen, wo das eine mit dem anderen korreliert ist. Und die Sprache denkt sich dann ihren Teil der Geschichte: "Auch liebst du mich? fragt sie von unten herauf, und da ist ihr längst schon klar, dass nicht." Das Misstrauen gegen die großen Gefühle ist buchstäblich in die Syntax gerutscht, sie sträubt sich gegen die Disharmonien und Peinlichkeiten der Realität, schlägt komische Purzelbäume, erlaubt sich winzige orthographische Abweichungen und verebbt in Satzbrüchen. Und scheinbar anstrengungslos entsteht daraus eine Literatur von einer Leichtigkeit und Brillanz, zu der man einfach nicht nein sagen kann.

Titelbild

Nadja Einzmann: Da kann ich nicht nein sagen.
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2001.
108 Seiten, 10,20 EUR.
ISBN-10: 3596152801

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