Zwischen Pfeffer und Salz

Betrachtungen von Sándor Márai

Von Julia SchmitzRSS-Newsfeed neuer Artikel von Julia Schmitz

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Ich habe keine andere Waffe und Macht wider die Zeit und die Welt, nur das Schreiben." Die Passion, die demzufolge Sándor Márais Schreiben zugrunde liegt, ist fast in jeder Zeile zu spüren. Denn er schreibt nicht einfach bloß einen Satz, er flößt ihm Odem ein, bringt ihn zum Klingen.

Das tut auch Charles Brauer, wenn er die drei- bis zehnzeiligen Prosastrophen liest. Dies kommt besonders zur Geltung, wenn er über die Laute und deren Bedeutung für den Schriftsteller spricht. Márai setzt sich nämlich auch sehr genau mit dem Handwerkszeug auseinander. Er macht sich Gedanken darüber, wie zum Beispiel ein "sch" klingt und welche Assoziationen es auslöst.

Der ganze Schaffensprozess des Schriftstellers ist für ihn von großem Interesse, und es hört sich zum Teil wie eine Anleitung zum guten Schreiben an. Aber auch das Lesen ist keine einfache Tätigkeit, sondern ein höchst komplexer Vorgang. Vor allem das Wieder-Lesen sei von höchster Bedeutung. Doch auch das Gefühl, ein Buch in der Hand zu haben und es zu besitzen, ist für ihn wichtig.

Bei Márai verknüpfen sich Lesen und Schreiben mit dem Leben. Schreiben bedeutet für ihn nicht nur Freude. In wenigen, lichten Momenten verspürt man als Schriftsteller eine Art Genugtuung, doch meist ist es auch mit Leid verbunden, da man sich als Autor nicht einfach vor den Abgründen davonstehlen kann. Schreiben bedeutet intensivst zu leben. So sind es die Momente zwischen Himmel und Erde, zwischen Leben und Tod, die ihn fesseln.

Marái beherrscht die hohe Kunst viel in wenigen Sätzen zu bündeln. Er weiß, dass ein Schriftsteller keinen Roman über das ganze Leben und alles, was ihm wiederfährt, schreiben darf. Er muss auswählen können, eine kleine Sache in all ihren Details erzählen. Seine Betrachtungen sind überaus gelungene literarische Miniaturen, die in sich Stoff verdichten. Er hat ein Gespür für die Feinheiten des Lebens. So weiß er genau, wie sich das Leben zwischen vierzig und fünfzig verändert. Er bringt den wunderbaren Vergleich, dass es sich so verhalte, wie zwischen Pfeffer und Salz. Das Leben ist nicht mehr so stürmisch, es wird ein wenig ruhiger und das Haar beginnt langsam die Farbe des Salzes anzunehmen.

Die Lebenserfahrungen können den Hörer bereichern und sensibilisieren, wobei die Musik von Erik Satie dem Ganzen eine schöne Grundierung gibt.

Titelbild

Sándor Márai: Himmel und Erde. Betrachtungen. 1 CD. Gelesen von Charles Brauer.
Hörbuch Hamburg Verlag, Hamburg 2002.
63 Minuten, 17,00 EUR.
ISBN-10: 3934120784

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