Zu dieser Ausgabe

"Der Glückliche phantasiert nie", heißt es bei Freud, woraus zu folgern wäre, dass wir keine Dichtung hätten, wenn alle Menschen glücklich wären. Autoren produzieren, so will es diese Ästhetik, im Gegenglück.

Das reichhaltige Literaturangebot, das alljährlich zur Buchmesse vorliegt und durch ein umfangreiches Rahmenprogramm an die Leser vermittelt werden soll, wäre - so gesehen - ein zumindest mehrdeutiges Zeichen unserer Kultur. Man weiß schon seit längerem, dass es der Branche nicht gut geht, auch wenn die Autoren wacker produzieren und die Lektorate in Atem halten. Selbst die Zahl der Aussteller ist rückläufig, und manch ein Verlag schreibt rote Zahlen oder wirft halbgare Verzweiflungstaten auf den Markt.

Vielleicht ist die Buchmesse, ähnlich wie die Expo, ein Auslaufmodell, ein lästiges Ritual, bei dem man sich Jahr für Jahr die Beine in den Bauch steht, zuviel raucht und auf Empfängen schlecht ernährt. Literatur in dieser Konzentration ist möglicherweise ungesund, und von persönlicher Tuchfühlung mit Autoren ist vielleicht ganz abzuraten.

Bisher aber hat das Buch noch alle Kassandra-Rufe überlebt. Einige Highlights des Buchherbstes haben wir in dieser Ausgabe für unsere Leser zusammengestellt. Die Redaktion, ausgestattet mit guten Nerven und einem robusten Magen, wird auf dem Messegelände sein und sich geistig und leiblich verköstigen lassen. Über Begegnungen mit unseren Lesern und Mitarbeitern würden wir uns freuen.

Lutz Hagestedt