Nützlich als Quelle für Entdeckungen und Anregungen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Medientheorie gilt gemeinhin als junge Wissenschaft. Dass viele ihrer zentralen Frage- und Themenstellungen wie etwa die mediale Konkurrenz von Stimme und Schrift aus der philosophischen oder theologischen Tradition stammen bzw. schon in der Antike formuliert wurden, wird dabei gerne übersehen. Auf die Ahnherren der modernen Medientheorie aufmerksam zu machen, gehört zu den Verdiensten einer neuen Sammlung ausgewählter Texte, die von Günter Helmes und Werner Köster zusammengestellt wurde. Die Texte sind chronologisch geordnet und reichen vom Alten Testament bis zu einem F.A.Z.-Interview mit Ray Kurzweil aus dem Jahr 2000. Die Durchnummerierung und die Hinweise der Herausgeber zu Beginn eines jeden Textes auf andere, nach ihrer Einschätzung damit thematisch zusammenhängende Texte, ermöglichen auch eine vernetzte, quer durch alle Epochen springende Lektüre.

Auf 350 Seiten werden 78 Texte, eigentlich "Auszüge", wie die Herausgeber eingestehen, vorgestellt. Dass dabei im Schnitt nur ein bis drei Seiten pro Autor übrig bleiben, vermindert freilich den Wert des Readers erheblich und verleiht ihm eher den Charakter einer Zitatensammlung; weniger wäre hier sicherlich mehr gewesen. Und wenn man schon von Karl Marx bis Walter Benjamin, von Ernst Mach bis Norbert Bolz nahezu alles auffährt, was Rang und Namen hat, warum fehlen dann z. B. Nietzsche, Neil Postman oder Vilém Flusser? Und warum lässt man Hans Magnus Enzensberger auf knapp 20 Seiten zu Wort kommen, Friedrich A. Kittler dagegen nur auf zwei? Wie auch immer: Nützlich als Quelle für Entdeckungen und Anregungen ist dieser Reader allemal.

O. P.

Titelbild

Günter Helmes / Werner Köster (Hg.): Texte zur Medientheorie.
Reclam Verlag, Stuttgart 2002.
352 Seiten, 8,10 EUR.
ISBN-10: 3150182395

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