Wie wird man eigentlich ein Held?

Abermals zwei Hörspiele um Kommissar Wallander

Von Alexander MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Alexander Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mankell ist inzwischen überall. Gerade noch wurde sein Roman "Die Rückkehr des Tanzlehrers", obgleich er ohne den beliebten Kommissar Wallander auskommt, als sein bestes Stück Prosa gelobt, liefen Verfilmungen seiner Krimis im deutschen Fernsehen, werden seine Theaterstücke aufgeführt und dabei aufmerksam und kritisch rezipiert, da hat sich der Münchner HörVerlag auch wieder seiner angenommen und zwei weitere gelungene Vertonungen vorgelegt. Beide erzählen von der Zeit vor den Romanen, die beinahe die gesamten 90er Jahre abdeckten.

"Wallanders erster Fall" stellt rückblickend die Basis für alle weiteren Wallander-Romane und -Hörspiele dar. Der Hörer erfährt, wie aus dem recht unbedarften Streifenpolizisten Wallander der misstrauische und unermüdliche Kriminalpolizist wird, dem die Sympathien seiner Fans gelten. Der im Jahr 1969 noch junge und unverheiratete Wallander möchte zur Kriminalpolizeit wechseln, stellt allerdings unsicher die eigene Tauglichkeit in Frage. Zu diesem Zeitpunkt hat er bereits seine spätere Ehefrau und Mutter der Tochter Linda kennengelernt. Sein erster Fall beginnt schließlich, als sein Nachbar mit einer Kugel im Herzen tot aufgefunden wird. Alle Indizien deuten auf Selbstmord, nur Wallander hegt ernste Zweifel und beginnt eigene, ehrgeizige wie leichtsinnige Nachforschungen. Ein merkwürdiger Wohnungsbrand und eine weitere Leiche scheinen seine Skepsis zu legitimieren. Während der Ermittlungen unterlaufen Wallander etliche Fehler, die ihm sein Mentor Hemberg aber meist nachsieht, ihn immer wieder offiziell heranzieht und ihm damit den Einstieg bei der Kriminalpolizei erleichtert. Zuvor wird dem Hörer jedoch vermittelt, dass Wallander einen hohen Preis dafür bezahlen muss, da er nur knapp mit dem Leben davonkommen wird. Außerdem bekommt er eine Ahnung davon, welche Konflikte diese Berufung, etwa mit Vater und Frau, nach sich ziehen wird.

In "Die Pyramide" steht neben der Kriminalgeschichte Wallanders Vater im Vordergrund, der zu den Pyramiden in Ägypten reist und dort, zu Recht, Probleme mit den örtlichen Behörden bekommt. Der Ende 1989 angesiedelte Fall - Wallander ist inzwischen geschieden und allein in Ystadt zurückgeblieben - handelt zunächst von einem fragwürdigen Flugzeugabsturz nahe der schwedischen Küste. Wenig später werden zwei alte Schwestern, die einen Kurzwarenwarenladen betrieben, erschossen aufgefunden. Der Tatvorgang weist seltsamerweise Ähnlichkeiten mit dem Mord an einem Drogendealer auf. Was kann dies bloß alles miteinander zu tun haben?

Die Edition der Wallander-Hörspiele ist wie immer sehr ansehnlich gestaltet. Die so vertraute und markante Stimme von Heinz Kloss, der den Protagonisten meist spricht, mag man in "Wallanders erster Fall" vermissen, doch ist dies zu verschmerzen angesichts der Vorstellung, dass ein Anfang 20 den Dienst aufnehmender Streifenpolizist eben auch von einer jüngeren Stimme, der von Andreas Bisowski, verkörpert werden muss; in "Die Pyramide" erhält Wallander die gewohnte Stimme außerdem zurück. Als unterhaltsame, angemessen inszenierte und überaus spannende Hörspiele funktionieren die beiden Dramatisierungen unter der routinierten Regie von Simon Bertling und Christian Hagitte allemal. Die notwenige Verknappung gewisser Handlungsstränge im Hörspiel hält sich diesmal, da die Vertonungen sich auf kurze Novellen berufen, in Grenzen. Die Erzählungen erhalten dadurch Rasanz, werden jedoch nie über das zum Genre gehörende Maß unübersichtlich oder nicht mehr nachvollziehbar. Selbst die musikalische Untermalung überrascht mit einfallsreichen Variationen des wiederkehrenden Themas und bleibt zugunsten des Erzählflusses im Hintergrund. Auf die Produktionen von "STIL" scheint man sich mit Vergnügen verlassen zu können.

Titelbild

Henning Mankell: Die Pyramide. CD.
Der Hörverlag, München 2003.
72 min, 15,90 EUR.
ISBN-10: 3899400771

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Titelbild

Henning Mankell: Wallanders erster Fall. Hörspiel.
Übersetzt aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt.
Der Hörverlag, München 2003.
60 min, 15,90 EUR.
ISBN-10: 3899400763

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