Körperkultur für Männer

Die "Männerwaschanleitung" von Thomas Rottenberg und Dagmar Hansel

Von Helge SchmidRSS-Newsfeed neuer Artikel von Helge Schmid

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Unter Körperkultur, sagt mein Duden, versteht man (veraltet:) Körperpflege, also eine Domäne (ein Spezialgebiet) der Frauen: "Weil Männern über Jahrhunderte niemand erklärt hat, was ein Hauttyp, die T-Zone oder eine Peelingcreme eigentlich sind, haben Frauen - dank Mutter, Freundinnen und Modemagazinen - von klein auf in Fragen der Körperpflege einen Vorsprung, der sich gewaschen hat. Diese Kluft verkleinern zu wollen, würde - selbstverständlich - keinem Mann je einfallen. Denn Männer sind nicht eitel. Und die Erde ist eine Scheibe."

So sprachwitzig beginnt die "Männerwaschanleitung" von Thomas Rottenberg (Wellness-Journalist) und Dagmar Hansel (Kosmetikerin), und so sprachwitzig geht sie auch weiter: "Dieses Buch verrät keine Geheimnisse. Es ist eine Waschanleitung. Ganz simpel. Weil für Männer. Und obwohl man vorher ohnehin genau weiß, was da drin stehen könnte, sieht Mann nachher besser aus. Und zwar ganz einfach."

Das Ziel dieser "Männerwaschanleitung" ist also einfach, und die Vorgehensweise der Verfasser ist es auch: Mann soll für den eigenen Körper und dessen Problemzonen sensibilisiert werden. Damit nachher keiner sagen kann, er sei einsam - und wisse nicht, weshalb.

Beim Thema Körperschweiß verstehen Männer keinen Spaß, denn strenge Nasenwürze ist es, die recht eigentlich das Maskuline aus- und, wie wir glauben, Frauen anmacht. Doch Obacht, Irrtum: In Wahrheit lieben Frauen den Duft unmittelbarer Leibesfrische. "Drum gleich eine Binsenweisheit: Waschen hilft. Und luftige, atmungsaktive Kleidung auch. Vor allem wenn man sie öfter wechselt." Und jede neue Woche mit einer frischen Unterhose begrüßt.

Mann weiß das, längst bevor er das Vorwort zu diesem "überflüssigen" Buch gelesen hat, genau genommen die "Entschuldigung" anstelle des Vorwortes, auf die dann die Einleitung ("Gerüchte und ein bisschen Geschichte") folgt, bevor sich die Verfasser entschließen, von den Gerüchten olfaktorisch zu den Gerüchen überzugehen: weil Männer müffeln; und ihnen außerdem Haare wachsen, wo die Haut besser glatt sein sollte, und sie gern an öligen Motoren herumwerkeln, mit dem Effekt, dass Mädchenkörper sich nicht gern befingern lassen.

Was also tun? Die "Männerwaschanleitung" beginnt mit dem Kopf, genauer dem Gesicht, der Rasur, dem Zähneputzen und der Haarpflege. Mann erfährt, dass er die Gesichtshaut zweimal täglich reinigen sollte, denn die Haut ist ein Ausscheidungsorgan (ja, ähnlich wie...), auf dem sich Schmutz, Schweiß und Talg sammeln und öfter auch tummeln. Das Gesicht inklusive der T-Zone, der - oft fettigen - Hautpartie im Bereich Stirn und Nase, sollte daher mit ph-neutraler Seife, mit Reinigungsmilch, Reinigungsgel oder Reinigungscreme behandelt werden. Spezielle Gesichtswässerchen wirken entzündungshemmend und erfrischend: Der Mann bekommt quasi beim Durchblättern mit, dass die Kosmetikbranche sogenannte "Antisperantien" entwickelt hat, vulgo Deodorants, welche Wirkstoffe enthalten, mit denen man Gerüche überdecken kann. Mit Schweiß versetzt, können sie eine umwerfende Mischung ergeben.

Auch die Zahnpflege ist komplizierter, als Mann denkt, ebenso die Rasur. Fotografien helfen, den Text zu verstehen (mancher Mann schaut sich nur die Bilder an) und den Rasierpinsel kunstgerecht aufzuschäumen. Besonders bei der Nassrasur gilt: Mann sollte sich Zeit nehmen, die Haut anwärmen und anfeuchten, die Rasur immer in "Wuchsrichtung der Haare" schneiden, die Klinge öfter ausspülen und die strapazierte Haut nachbehandeln: Fluids, Balsame oder Emulsionen lindern das Hitzegefühl und wirken adstringierend.

Freilich: Fremdwörter wie dieses wecken den Verdacht, dass sich die Männerwaschanleitung doch eher an Frauen richtet, welche wissen, was ein Peeling, ein Epiliergerät oder ein Conditioner ist, womit man die Zahnzwischenräume säubert oder wie man Pickel sachgerecht ausdrückt. Frauen sollten daher ihr evolutionär erworbenes Zusatzwissen einbringen, wenn es darum geht, die (männliche) Brustbehaarung zu entfernen (mit Epiliergeräten, Harzen, Kalt-, Warm- oder Heißwachs), die Hand- und Fußpflege zu optimieren oder entzündete Mitesser zu behandeln. An das sinnliche Auge der Frauen richten sich auch die Fotografien von Christian Fischer, die den Mann so zeigen, wie Gott ihn schuf.

Gespräche mit Männern, dem Wiener Kunsthallen-Direktor Gerald Matt, dem 34jährigen Friseurbedarfshändler Yogesh, dem Dermatologen Friedrich Gschnait und dem Schriftsteller Martin Amanshauser, runden den Band ab, doch gewidmet ist er einer Frau: Frau Dagmar ist Masseuse und Kosmetikerin, die ihren Kunden tagtäglich die Schwellenangst nehmen muss, bevor sie an ihnen herumwerken kann - nach Herzenslust, und wie selbstverständlich.

Am Schluss noch ein eigenes Rezept für dauerhaft gesunde Gesichtsfarbe (und gegen das Verfallsdatum diverser Wässerchen): Man nehme ein großes Glas, gebe 100 ml Alpecin-Kopfhautwasser hinein (alternativ 50 Gramm gereinigte Möbelpolitur), 20 ml Nagellackentferner, zwei Teelöffelchen Olbas-Tropfen (ersatzweise Odol) und 100 Gramm Brennspiritus, lösche das Ganze mit 200 Gramm dunklem Bier ab, schütte sich das gut verrührte Gebräu in den Rachen und atme einmal tief durch.

Titelbild

Thomas Rottenberg / Dagmar Hansel: Männerwaschanleitung.
Deuticke Verlag, Wien 2002.
160 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-10: 3216306534

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