Wie ein sehr unfreundliches Krokodil Freunde findet

Ein Bilderbuch von Faustin Charles überzeugt mit einer schlichten Botschaft

Von Hannelore PiehlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Hannelore Piehler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Satt und zufrieden liegt es da und reinigt seine großen, scharfen Zähne mit einem Stocher, während Zebra, Giraffe oder Nilpferd in sicherer Entfernung bleiben. Mit dem "sehr unfreundlichen" Krokodil will es keines der Dschungeltiere aufnehmen. Und so machen diese stets einen großen Bogen um den Fluss, in dem das Krokodil lebt: "Wenn sie durstig waren, mussten sie kilometerweit zu anderen Flüssen laufen." Der Fluss selbst ist wie ausgestorben. Keine Fisch, keine Kaulquappen, keine Krabben und keine Flußkrebse finden sich darin. Denn: "Alle hatten schreckliche Angst vor dem sehr unfreundlichen Krokodil."

Das ist die Ausgangssituation des Bilderbuchs von Faustin Charles. "Das sehr unfreundliche Krokodil" erscheint - fünf Jahre nach seiner Veröffentlichung in Großbritannien - als erstes seiner dort beliebten und erfolgreichen Kinderbücher auf Deutsch. Man darf sich schon jetzt auf alle folgenden Bücher des Autors freuen. Denn die Geschichten des in London lebenden Schriftstellers sind so einfach wie bestechend. Zum Beispiel hier: Eines Tages bekommt das unfreundliche Krokodil schreckliche Zahnschmerzen - und muss feststellen, dass Unfreundlichkeit und Tyrannei sehr sehr einsam machen. Eine kleine Maus erweist sich jedoch als mitfühlend und mutig und eilt dem Krokodil zu Hilfe. Damit beginnt ein neues, freundschaftliches Zusammenleben der Dschungeltiere mit dem geläuterten Krokodil.

Nicht nur die einfache Botschaft der kleinen Geschichte überzeugt: Was ist schließlich wichtiger als gute Freunde zu haben? Vor allem die Illustrationen von Michael Terry machen das Bilderbuch zu einem Schmuckstück für jedes Kinderzimmer. Wild reißt das Krokodil anfangs sein Maul auf und vertreibt die Dschungeltiere. Wenige Seiten später wälzt es sich schmerzverzerrt auf der Wiese, während die anderen Tiere ratlos gucken. Und schließlich klettert die winzige Maus tapfer in das, auf einer Doppelseite ausgebreitete, riesige Krokodilmaul mit all den großen, scharfen Zähnen, um anschließend stolz den faulen Zahn herauszutragen. Kein Zweifel: Dank der wunderschönen, großformatigen, farbintensiven und ausdrucksstarken Bilder Terrys funktioniert die Geschichte auch ohne den Text. Da darf die Frage, wovon sich das nun freundliche Krokodil eigentlich ernährt, ruhig vernachlässigt werden.

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Charles Faustin: Das sehr unfreundliche Krokodil.
Übersetzt aus dem Englischen von Monica Plange.
Berlin Verlag, Berlin 2003.
32 Seiten, 12,90 EUR.
ISBN-10: 3827050006

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