Abenteuer im Vereinigten Reich der Erfindung

Wieland Freund auf den Fährten der großen Klassiker

Von Britta WaltmansRSS-Newsfeed neuer Artikel von Britta Waltmans

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Lisas Leben ist eigentlich ganz normal. Sie geht zur Schule und hat eine hart arbeitende Mutter, die nur sehr selten Zeit für sie hat. Um der Langeweile zu entfliehen, verbringt Lisa ihre Zeit in der Kinderbuchabteilung der Stadtbibliothek, wo sie sich auch mit dem Bibliothekar, Herrn Birnbichler, angefreundet hat. Dieser schreibt gerade an einem Kinderbuch, welches er Lisa gewidmet hat, und damit beginnt nun auch die eigentliche Geschichte.

Diese entführt Lisa mitten in der Nacht in ein Abenteuer der besonderen Art. Die beiden Jungen Tom Sawyer und Huckleberry Finn bitten sie, ihnen ins Vereinigte Reich der Erfindung zu folgen, um dort dem gefährlichen Verbrecher Kapitän Ahab das Handwerk zu legen. Denn dieser hat das Manuskript von Herrn Birnbichler gestohlen und will mit dessen Hilfe in die wirkliche Welt entfliehen. Für Lisa beginnt eine aufregende Reise durch die Welt der Erfindungen. Sie lernt zahlreiche berühmte Persönlichkeiten kennen und bemerkt bald, dass nicht einmal die Landkarte des Vereinigten Reichs der Erfindung beständig ist.

Der junge Autor und Journalist Wieland Freund hat sich mit "Lisas Buch" auf die Fährten der großen Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur begeben. Nur wenige Figuren hat er selbst erfunden, statt dessen begegnen dem Leser jedoch zahlreiche längst bekannte Figuren, wie Frankensteins Monster, die Ritter der Tafelrunde, Kapitän Nemo und Robinson Crusoe. Sie alle sind in einen Kontext eingebunden, der stark an Michael Endes "Unendliche Geschichte" erinnert. Analog zu Michael Endes "Phantasien", ist das Vereinigte Reich der Erfindung der Lebensraum aller Figuren und Helden, die jemals von einem Menschen in einem Buch festgehalten wurden. Und auch dieses Königreich gilt es vor dem Verblassen und der Vernichtung zu retten.

Trotz der vielen Anleihen, die Freund bei seinen früheren Kollegen macht, ist die Gestaltung der Geschichte phantasievoll und innovativ. Die Figuren der verschiedensten Erzählungen werden einander angepasst, ohne dabei ihre eigentlichen Charakterzüge und damit ihre Erkennbarkeit zu verlieren. Sie fügen sich so wunderbar in ihre "neue" Geschichte ein.

Die einfache und klare Sprache, derer sich Freund bedient, macht den Text leicht lesbar und trägt zur Eignung für Jugendliche sicher mit bei. Doch auch die Tatsache, dass es sich um ein Abenteuerbuch handelt, welches nicht durch unnötige Brutalität oder Grausamkeit die Faszination der Leser auf sich zieht, sondern mit rätselhaften Zusammenhängen und der Vorstellung eines Phantasiereiches die Leser fesselt, macht das Buch auch für Kinder interessant.

Schlussendlich rechnet das Buch außerdem mit Vorurteilen aller Art ab. Nicht jeder, der einst böse war, muss das für immer bleiben und nicht jeder, dem man traut, hat das auch tatsächlich verdient. Und erst recht nicht, wenn man sich im Vereinigten Reich der Erfindung befindet, in dem sowieso nichts von langer Dauerhaftigkeit ist.

"Lisas Buch" ist somit eine spannende Lektüre für alle Phantasiebegeisterte und ein Abenteuerroman, der in die Welt der Bücher und der großen Klassiker einführt.

Titelbild

Wieland Freund: Lisas Buch.
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2003.
316 Seiten, 7,90 EUR.
ISBN-10: 349921248X

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