Einem "Vogeldreck" verfallen

Annette Pehnts Roman "Insel 34"

Von Elisabeth MatthewesRSS-Newsfeed neuer Artikel von Elisabeth Matthewes

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Alles kann sie gleich gut, nirgends ist sie besonders talentiert: als die namenlose Ich-Erzählerin endlich etwas findet, wofür ihr "Herzblut" schlägt, sind ihre Eltern erleichtert. "Die, die alles gleich gut können, die mag niemand." Das Mädchen wird zu einer Durchschnittsschülerin, aber das stört niemanden. Nur Leidenschaft zählt. Und diese Leidenschaft hängt das Mädchen an eine Insel, die noch nicht einmal einen richtigen Namen hat. Insel 34. Das Klima eindeutig schwer erträglich, keine Palmen, nichts. Ein "Vogeldreck" neben 33 anderen Inselflecken auf der Landkarte. Abitur, Arbeit, Männer. Die Insel füllt die ganze Zeit ihre Gedanken. Und plötzlich geht es dann los. "Bei Nacht und Nebel" bricht sie auf zur 34. Doch erst einmal landet sie auf der Nummer 28. Anstatt aber den Endkonsonanten der Sprache auf den Grund zu gehen, beschäftigt sie sich viel lieber mit den Menschen. Den wunderlichen Menschen, aus denen sie nicht so richtig schlau wird. Nach drei Monaten bricht sie von dort zur 34 auf. Auf 32 macht sie noch mal Halt, auf 33 auch, sie schaut sich die Inseln an und versucht durch den Nebel die 34 zu erkennen, doch ankommen wird sie nicht. Annette Pehnt erschafft mit den 34 Inseln eine Welt, die völlig bizarr, irreal erscheint und die Besucherin nur sehr widerstrebend aufnimmt. In ihrem Debütroman "Ich muss los" beschrieb die 37 jährige Schriftstellerin bereits absonderliche Charaktere, doch mit diesem Buch hat sie ihren ersten Roman dahingehend noch übertroffen: Die Hauptperson und die Bewohner der Inseln wirken nach außen uninteressant und in ihrer Skurrilität unergründlich, voller Geheimnisse. Ähnlich verhält es sich mit Pehnts Art zu schreiben: bodenständig, nüchtern, einfach und doch ganz anders, erreichen die Worte den Leser. So sehr dieser Stil auch zu fesseln vermag, man wartet, wartet darauf, dass die psychologisch nur angeschnittenen Absonderlichkeiten der Personen an Tiefe gewinnen, dass man der Hauptperson auch endlich etwas Sympathie zugestehen kann und die Geheimnisse gelüftet werden. Doch dazu kommt es nicht. Am Ende des Buches stellt man fest, dass einem die beschriebenen Personen unter dem Mantel des Besonderen verschlossen geblieben sind. Die junge Frau scheint ihr Herz ganz laut schlagen zu hören, doch wir hören es nicht.

Titelbild

Annette Pehnt: Insel 34.
Piper Verlag, München 2003.
188 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-10: 3492045723

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