Wie man kein Geld für Non-Profit-Organisationen sammelt

Barbara Coles und Christiane Fines wenig praktikable Tipps für "Erfolgreiches Fundraising"

Von Frank MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Frank Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es ist ein schlimmes Vorurteil, dass die Schweiz nichts zu bieten hat außer Uhren, Käse und den Weltmeister im Alphornblasen. Zum Beispiel dieses Buch über "Erfolgreiches Fundraising" von Barbara Crole und Christiane Fine. Dass die Autorinnen aus der Alpenrepublik stammen, erkennt man nicht nur an der Eszett-freien Schreibweise ("schliesslich", "Massnahme"), der unverkennbaren schweizerischen Diktion ("Offerten", "innert"), sondern auch an dem nonchalanten Umgang mit höheren Geldbeträgen. Doch alles der Reihe nach.

Fundraising meint die Mittelbeschaffung für Non-Profit-Organisationen (NPOs) und ist für diese ein unverzichtbares Finanzierungsmodell. Die Anforderungen an das Fundraising steigen weiter, denn der Konkurrenzkampf um Spenden ist härter geworden, während gleichzeitig die Gelder der öffentlichen Hand weniger ergiebig fließen.

Ob "Erfolgreiches Fundraising" dazu beitragen kann, den warmen Geldregen auf die Dächer der Stiftungen, Verbände und gemeinnützigen Vereine zu vermehren? Ich meine nein. Das Buch beginnt umständlich mit Hinweisen zum Aufbau von NPOs, gibt Tipps zur Rekrutierung von Freiwilligen oder zur Verbesserung des organisationseigenen Web-Auftritts. Im lockeren Plauderton referieren die Autorinnen über Zielsetzung und Planung von NPOs oder über Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern - über Fundraising bisher kein Wort.

Auch bei den Themen Adressgewinnung und -verwaltung, Direct Mail, Legatmarketing, Spenderbindung und PR-Maßnahmen stolpern die Eidgenossinnen von Allgemeinplatz zu Allgemeinplatz. Wo man substanzielle Auskünfte erwartet, dräut Inhaltsleere. Was will der Leser mit Ratschlägen wie diesem anfangen: "Die Zeit vergeht immer schneller, als man denkt. Wer zu spät mit der Planung anfängt, wird plötzlich feststellen, dass sich viele Ideen nicht mehr verwirklichen lassen."

Wo sich dann doch mal ein Beispiel zwischen die Buchdeckel verirrt, bleibt das Autorenduo an der Oberfläche. So etwa bei den so genannten "Duck Races". Das Prinzip: Eine NPO verkauft gelbe Plastikenten, die anschließend auf einem Fluss zu Wasser gelassen werden und dort gemeinsam um die Wette schwimmen. Was die Autoren nicht zu wissen scheinen: Solche Rennen sind juristisch gesehen eine Lotterie und daher nicht nur seitens des Wasser- und Schiffahrtsamtes genehmigungspflichtig. Im Jahr 2003 stoppte der Regierungspräsident Jürgen Roters ein Entenrennen auf dem Rhein.

Über mangelnden Tiefgang könnte man sich auch in Bezug auf die Aquisition von Großspenden beklagen ("Wir definieren hier als Grossspende einen Betrag von mindestens 50.000 Franken aufwärts"). In der reichen Schweiz genügt es offenbar, wenn sich ein paar Leute um einen Tisch versammeln, um beim "Name storming" gleich eine ganze Liste mit wohlhabenden Zeitgenossen aus dem näheren Umfeld zu füllen: "Bitte vergessen Sie nicht, dass es in der Schweiz fast 200.000 Millionäre gibt - und diese Zahl steigt sprunghaft."

Die offensichtliche Mühelosigkeit der Spendenbeschaffung im Land der Nummernkonten bremst jeden Einfallsreichtum aus. Während Heidi und Ziegen-Peter sorglos über Schweizer Alpwiesen spazieren und den Rahm abschöpfen, werden wir bei Fräulein Rottenmeier in Frankfurt wohl oder übel weiterhin das kleine und große ABC des Fundraising pauken müssen.

Titelbild

Barbara Crole / Christiane Fine: Erfolgsreiches Fundraising - auch für kleine Organisationen.
Orell Füssli Verlag, Zürich 2003.
222 Seiten, 24,00 EUR.
ISBN-10: 3280050561

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