Zur Balance zurückgefunden

Über Noah Gordons Roman „Der Medicus von Saragossa“

Von Ulrich KargerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ulrich Karger

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Auf dem Gipfel mörderischer Machtfülle setzt die Inquisition im Jahr 1492 die Vertreibung aller Juden aus Spanien durch. Binnen dreißig Tagen sollen sie außer Landes sein. Doch Jona Toledano, der 15-jährige Sohn eines Silberschmieds, kann dieser Aufforderung nicht nachkommen. Er ist mittellos und allein auf sich gestellt. Drei Jahre nach dem Mord an seinem älteren Bruder und kurz vor Ablauf der gesetzen Frist hatte ein aufgehetzter Mob auch noch den Vater getötet. Stets in der Gefahr, sich und sein Judentum zu verraten, muß sich Jona nun zu Wasser und zu Lande als Hilfsarbeiter durchschlagen. Auf der Flucht nimmt ihn schließlich ein Medicus bei sich auf. Hier findet er zu seiner eigentlichen Berufung und steht Jahre später unentdeckt den Mördern von Vater und Bruder gegenüber.

Mit seinem neuen Roman hat Noah Gordon wieder zu jener Balance zurückgefunden, die schon seinen weltberühmten ersten „Medicus“ auszeichnete. Seine farbigen Zeitbilder vergangener Historie umgeben ein in „gut“ und „böse“ zweigeteiltes Personentableau, ohne dabei in platte Schwarzweißmalerei zu verfallen. Was in dem zweiten Teil der Medicus-Trilogie „Die Erben des Meidcus“ doch schon sehr plakativ daherkam, findet in der zwanzig Jahre währenden Entwicklungsgeschichte des „Medicus von Saragossa“ eine differenziertere Betrachtung. Selbst der positiv besetzte Held erweist sich hier als anfechtbar, wird beinahe zum Dieb und tötet mehrere Menschen. Im Original überschrieben mit „The Last Jew“ geht es hier auch weniger um das Arztsein des Helden als um das Credo, daß die Angehörigen der drei Schriftreligionen in ihrem Glauben an Gott doch eigentlich weit mehr verbinden als trennen sollte. Gordon gelingt es, dieser höchst aktuellen Thematik einmal mehr eine ,Magie‘ abzugewinnen, die ohne jede Länge bis zur letzten Seite Wirkung zeigt.

Titelbild

Noah Gordon: Der Medicus von Saragossa.
Blessing Verlag, München 1999.
512 Seiten, 24,50 EUR.
ISBN-10: 3896670131

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