Theorie und Praxis glücklich vereint

Postmoderne und Postkolonialität in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur

Von Christoph Schmitt-MaaßRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christoph Schmitt-Maaß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Paul Michael Lützeler, Germanistikprofessor in St. Louis, gilt als ausgewiesener Kenner postmoderner wie postkolonialer deutschsprachiger Literatur. In seiner aktuellsten Publikation trägt er - in überarbeiteter Form - bereits publizierte Artikel zusammen, die teilweise verstreut veröffentlicht wurden.
Das erste der drei Großkapitel leitet zunächst in Postmoderne und Postkolonialismus ein und zeigt Zusammenhänge und Überschneidungen zwischen beiden Diskursen, aber auch zwischen Multikultur und Globalisierung auf. Lützeler versteht es, in einer knappen und konzisen Sprache die komplexen Inhalte zu vermitteln, ohne ihre Divergenz beschneiden zu müssen. Im daran anschließenden Kapitel geht er auf postmoderne Literatur ein. Sein Augenmerk liegt hier auf dem postmodernen Roman und postmodernen Poetikvorlesungen. Seine grundlegenden Überlegungen exemplifiziert er an zwei ausgewählten Textbeispielen von Angela Krauß und Barbara Frischmuth.
Der Literatur des postkolonialen Blicks ist das Folgekapitel gewidmet. Hier konzentriert sich Lützeler zum Einen auf postkoloniale Romane, zum Anderen auf postkoloniale Reiseberichte. Auch hier wird die theorielastige, aber nie abgehobene Lektüre durch Heranziehen zweier Beispieltexte gestützt: Hans Christoph Buchs Haiti-Trilogie einerseits und Peter Schneiders "Botschaft eines Pferdekopfs" andererseits.
Ein besonderes Gewicht verleihen dem Sammelband die im vierten Kapitel angefügten Literaturkritiken Lützelers. Hier sind diejenigen Texte abgedruckt, die in der "Zeit" oder im "Merkur" erschienen. Abgeteilt sind die Kritiken zu literarischen Werken von Kritiken zu Literaturgeschichten. Selbstredend liegt Lützelers Maßstab, nach dem er die Publikationen der vergangenen Jahre kritisch Revue passieren lässt, der zuvor dargelegten Theorie der Postmoderne und des Postkolonialen zugrunde. Zugleich erweist sich die unabdingliche Verschränkung von postkolonialer Theorie und kritischer Praxis als gewinnbringend für eine analytische Auseinandersetzung.
Der Vorzug von Lützelers Darstellung liegt in seiner textzentrierten Darstellung, die wichtige Impulse für eine weitergehende Auseinandersetzung mit der deutschsprachigen Literatur der Postmoderne und des Postkolonialen liefert. Gleichzeitig eignet sich das Buch jedoch auch, um einen grundlegenden Überblick über den Diskussionsstand zu erlangen oder auch, um sich mit dem Thema überhaupt allerst auseinander zu setzen.


Titelbild

Paul Michael Lützeler: Postmoderne und postkoloniale deutschsprachige Literatur. Diskurs - Analyse - Kritik.
Aisthesis Verlag, Bielefeld 2005.
255 Seiten, 24,80 EUR.
ISBN-10: 3895285277

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