Crimetime in Mexicali

Gabriel Trujillo Muñoz' neuer Roman "Tijuana Blues"

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mexikanische Kriminalliteratur ist nicht gerade eines der bekanntesten Terrains in der deutschen Literaturlandschaft. Eine Sammlung von vier Kurzkrimis, aus dem Spanischen übersetzt von Sabine Giersberg, ist im Schweizer Unionsverlag erschienen. Der Protagonist der Romane ist Morgado. Handlungsort die Stadt Mexicali, im Norden Mexikos gelegen, an der Grenze zu den Vereinigten Staaten. Muñoz schreibt über seinen Geburtsort, über die Stadt, die ihm am Herzen liegt und die ihm ein Spiegelbild ist für das Aufeinanderprallen von zwei Kulturen. Und es ist fast eine "Theorie der Grenze", wenn sein Ermittler über eben dieses Thema reflektiert und versucht, den an dieser Grenze lebenden und vergangenen Personen ein Ohr und eine Stimme zu leihen. Mit den Worten von Muñoz ist seine Hauptfigur schnell und treffend beschrieben: "Er ist ein Kreuzritter, dessen einzige Waffen Starrsinn und Ausdauer sind."

In dem ersten deutschsprachigen Buch von Muñoz stehen vier Kurzromane nebeneinander: "Mezquite Road", "Tijuana City Blues", "Loverboy" und "Laguna Salada". Alle verbindet die Person des Anwalts und Ermittlers Miguel Ángel Morgado. Ein paar Leichen in einem Tal, Ermittlungen im Drogen- und Spielermilieu, verführerische Frauen und lebensnahe, die Atmosphäre einfangende Details aus der Geschichte der Stadt Mexicali und aus den Biografien der Personen geben den Geschichten einen hohen Grad an Authentizität. Brutale Schießereien, schnelle Tode und gut recherchierte Hintergründe werden spannend kombiniert. Und dazu kommt immer wieder die Geschichte der Beatniks, die in Mexicali in den 40er- und 50er-Jahren dort ihr Arkadien fanden. Und bei der Einarbeitung dieser literarischen Details in Muñoz' Geschichte wird deutlich, dass er wie sein Ermittler Morgado sich als "Ausgräber" versteht, dem es auch um vergessene Geschichte und Geschichten geht, wenn er von seiner Stadt Mexicali und den Menschen dort erzählt.

Muñoz' Kriminalromane von der mexikanischen Grenze sind in ihrer Kombination von Atmosphäre, Personenzeichnung und Handlungslauf eine Entdeckung in der mexikanischen Literatur. Und sie beschreiben, wie es der Autor am Schluss des zweiten Kurzromans "Tijuana City Blues" formuliert: "'Wo sollen wir sein?', antwortete der Taxifahrer, gleichermaßen erbittert. 'Am Arsch der Welt, im Hintern von Amerika. Da sind wir, mein Freund, und da werden wir bleiben.'"


Titelbild

Gabriel Trujillo Munoz: Tijuana Blues.
Übersetzt aus dem Spanischen von Sabine Giersberg.
Unionsverlag, Zürich 2006.
264 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-10: 3293003591

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