Keine Gerechtigkeit

Einer neuer Fall für Donna Leons Commissario Brunetti

Von Sarah WeissRSS-Newsfeed neuer Artikel von Sarah Weiss

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Kurz vor Weihnachten wird ein schwarzer Straßenhändler brutal ermordet - Commissario Brunetti ist der ermittelnde Beamte. Zeugen und Hinweise gibt es kaum. Brunetti und seine Kollegen beginnen ihre Untersuchungen - steckt hinter dem Mord mehr als nur ein Streit unter Immigranten? Doch bevor die Ermittler große Fortschritte erzielen können, kommt von höchster Stelle die Weisung, dass die Ermittlungen eingestellt werden sollen. Wer Brunetti aus seinen vorhergegangenen Fällen kennt, weiß: So leicht wird Brunetti nicht aufgeben. Er will die Wahrheit herausfinden und dem Opfer Gerechtigkeit verschaffen. Er ignoriert die Warnungen aus Rom und nutzt seine Kontake, um den Motiven der Tat und der Mördern auf die Spur zu kommen.

Der Roman zeigt die Behörden von ihrer notorisch negativen Seite: Intrigen, Wirtschaftsinteressen und politische Motive stehen über der Gerechtigkeit. Die Welt ist korrupt geworden. Von Brunettis Vorgesetztem Patta war nichts anderes zu erwarten. Doch dass auch die höchsten Stellen aus Rom in den Vorfall verwickelt sein sollen, kann selbst Brunetti nicht glauben. Mit seinen tapfersten und zuverlässigsten Beamten kämpft er für die Gerechtigkeit. Denn es gibt sie noch, die guten Menschen.

Es zeigt sich nämlich schnell, dass es nicht nur korrupte und rassistische Carabinieri gibt: So taucht zum Beispiel ein Beamter auf, der sein eigenes Leben riskiert, um einen schwarzen Straßenhändler zu retten. Ein anderer lässt den Händlern bei den Razzien die Hälfte ihrer Ware (obwohl das natürlich gegen die Vorschriften ist), damit sich die Immigranten wenigstens eine Wohnung leisten und ihre Familien ernähern können.

Doch außer Brunettis hartnäckiger Suche nach den Tätern erleben wir ihn wie gewohnt auch in seiner häuslichen und persönlichen Umgebung. Verzweifelt ist er auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken für seine Familie. Wie immer läuft auch zu Hause nicht alles glatt. Mit Chiara und Rafael müssen Brunetti und seine Frau Paola pubertäre Krisen durchstehen, während vor allem Chiara gar nicht begreift, was ihre Eltern denn auszusetzen haben. Und doch spürt man in allen Worten und Handlungen die Wärme, die es Brunetti ermöglicht, in einer kalten Welt für die Gerechtigkeit zu kämpfen. Und so zeigt sich, dass Brunetti der grausamen Welt trotzen wird, auch wenn es fast unmöglich ist.

Ein spannender, packender Krimi, der gleichzeitig - wie alle Brunetti-Fälle - von der Person und der Herzlichkeit des Commissario geprägt sind. Auf jeden Fall lesenswert!


Titelbild

Donna Leon: Blutige Steine. Commissario Brunettis vierzehnter Fall.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Christa E. Seibicke.
Diogenes Verlag, Zürich 2006.
365 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-10: 325706523X

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