Was tatsächlich gelesen wird - Christoph Jürgensens Sammelband

Über die Lieblingsbücher der Deutschen

Von Christoph JürgensenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christoph Jürgensen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Diskussion um den literarischen Kanon hat derzeit beträchtliche Konjunktur, und das Bedürfnis der Leser nach Orientierung ist groß. Was soll man lesen, was gehört zum Kernbestand unserer Kultur? Gemeinhin wird von den Instanzen und Meinungsführern der literarischen Öffentlichkeit auf diese Frage geantwortet, wird von Literaturkritikern, Literaturwissenschaftlern und Zeitungen vorgegeben, was gelesen werden soll, was die besten, unvergänglichen Bücher seien.

Im Sommer 2004 hat das ZDF mit einer Umfrage im Rahmen der Sendereihe "Unsere Besten" - in Kooperation mit der Stiftung Lesen und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels - das grundlegende Bedürfnis nach Rankings und Listen zwar aufgenommen, aber die Blickrichtung umgekehrt: Gefragt wurden nämlich die Zuschauer nach ihren Lieblingsbüchern - und damit ging es einmal nicht darum, was gelesen werden soll, sondern was tatsächlich gelesen wird. Dabei kam eine Rangliste heraus, in der sich zwar auch kanonische Texte wie Goethes "Faust" und Thomas Manns "Buddenbrooks" finden lassen, vor allem aber solche Werke, die in keinem akademischen Kanon auftauchen wie beispielsweise Ken Folletts Historienroman "Die Säulen der Erde" oder Paul Coelhos "Der Alchimist".

An der Universität Kiel wurde dieser Alternativkanon als wissenschaftliche Herausforderung begriffen: Im Sommersemester 2005 näherten sich in einer von Professor Albert Meier initiierten und organisierten Ringvorlesung mit dem Titel "Die Lieblingsbücher der Deutschen" Literaturwissenschaftler, Historiker und Volkskundler im Countdown den Top 15 des ZDF-Rankings an. Die Vorträge fanden immensen Anklang, und zwar nicht nur bei Studierenden, sondern auch bei vielen nichtstudentischen Leseinteressierten, und Woche für Woche war der Vorlesungssaal bis an den Rand seines Fassungsvermögens gefüllt. Nicht zuletzt diese außergewöhnliche Publikumsresonanz war es, die zur vorliegenden Publikation der Vorträge ermutigt hat - Vorträge, deren ursprüngliche Lebendigkeit durch die weitgehende Beibehaltung des mündlichen Gestus erhalten blieb.

C. J.

Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert grundsätzlich nicht die Bücher von regelmäßigen Mitarbeiter / innen der Zeitschrift sowie Angehörigen der Universität Marburg. Deren Publikationen können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.


Titelbild

Christoph Jürgensen (Hg.): Die Lieblingsbücher der Deutschen.
Verlag Ludwig, Kiel 2006.
384 Seiten, 26,90 EUR.
ISBN-10: 3937719342

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