Auszüge aus Rezensionen zu

Thomas Anz: Literatur und Lust. Glück und Unglück beim Lesen

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Inhaltsverzeichnis und Vorwort hier

Ludger Lütkehaus, Die Zeit, 2. Juli 1998

Wenn es künftig eine "literaturwissenschaftliche Hedonistik" geben sollte, so Anz´ famoser Begriff, dann wird sein Buch zu den Gründungsakten gehören. [...]

Alle möglichen Leselüste werden von der erstaunlich vielfältigen, geradezu pluralistischen Hedonistik katalogisiert: die Lust am Spiel, am Schönen und am Schrecklichen, an Spannung und Entspannung, am Lachen und am Weinen und last, but not least, auch die erotische, die sexuelle, ja, unerhörterweise die pornographische Lust. Das Buch ist freimütig genug, die Nähe der Literatur, gleich ob hoch oder niedrig, zum Vergnügen an sexuellen Gegenständen zu Not auch mit drastischeren Exempeln zu belegen. "Wer liest, will Lust" - und wer schreibt, auch.

Herbert Anton, Düsseldorf, Germanistik 3/4 1998

Wer über "Literatur und Lust" schreibt und dabei "lustlose Literaturwissenschaft" vor Augen hat (20-25), wagt viel, denn es könnte sein, daß der eigene Text den hohen Ansprüchen einer "literaturwissenschaftlichen Hedonistik" (8) kein Genüge leistet und demzufolge "Umglück beim Lesen" vorherrscht. Hier ist das Gegenteil der Fall, und dies liegt nicht zuletzt an tiefer Einsicht in "Geist in ästhetischer Bedeutung", der unter Berufung auf Kants "Kritik der Urteilskraft" immer gegenwärtig ist.

Kristina Maidt-Zinke, Frankfurter Allgemeine, 29. Juli 1998

Zur Grundlegung seiner Literaturlustlehre zieht Anz eine beeindruckende Fülle von Materialien heran, die er mit pädagogischem Geschick auf Taschenformat eingedampft hat. Neben den Theorien der Psychoanalyse, denen sich der Autor besonders verbunden weiß, werden Ansätze der Emotionspsychologie und der sogenannten Glücksforschung berücksichtigt, Gustav Theodor Fechners ergiebige "Vorschule der Aesthetik" ebenso wie vor- und postmoderne Spieltheorien, und auch die philosophische Ästhetik des klassischen Idealismus mit ihrem vordersten "Triebtheoretiker" Schiller kommt erfreulicherweise wieder einmal zu ihrem Recht.

Klaus Rudloff, Stuttgarter Zeitung, 14. April 1998

Anz setzt an bei der "Lustlosigkeit der Literaturwissenschaft". Literatur wird nach Form und Inhalt gründlich untersucht, aber die Wirkung, das Vergnügen, die Lust, die sie beim Leser entfacht, bleiben dabei weitgehend unberücksichtigt. Diese Lücke möchte Anz schließen. Dabei tut er keineswegs so, als sei er der Erfinder einer sensationell neuen Frage. Vielmehr zeigt er in den antiken Poetiken von Aristoteles und Horaz, in Schillers Schriften zur Ästhetik, in Kants "Kritik der Urteilskraft", Adornos "Ästhetischer Theorie" und anderen, wo die Ansatzpunkte für eine Untersuchung der Lust an Literatur stecken. Und er schafft es, diese Positionen zunächst selbst sprechen zu lassen, ohne sie gleich durch seine eigene Fragestellung und Kritik zu erschlagen.

Jürgen Engler, neue deutsche literatur, Juli/August 1998

Leselust ist das Fahnenwort der Postmoderne, die die lustfeindlichen Exerzitien der literarischen Moderne attackiert. Thomas Anz ließ sich vom Zeitgeist zu seiner profunden Untersuchung "Literatur und Lust, Glück und Unglück beim Lesen" anregen, in der er erörtert, welchen Lustgewinn das Lesen - das freiwillige Lesen "schöngeistiger" Literatur - verspricht. Ästhetik wird hier als Gefühlslehre betrieben; sie beruft sich auf Kant, der in seiner "Kritik der Urteilskraft" im Gefühl der Lust oder Unlust die Basis alles ästhetischen Urteilens sieht. Von Immanuel Kant über Gustav Theodor Fechner mit seiner "Ästhetik von unten", die die philosophische Spekulation durch psychologische Forschung ersetzen wollte, von Sigmund Freud bis Dieter Wellershoff hat der Autor erhellende Aussagen zum Gegenstand in seinem Schatzkästlein der Leselust-Ästhetik zusammengetragen, Einsichten und Erkenntnisse, die er polemisch gegen eine "lustlose" Literaturwissenschaft ins Feld führt.

Joachim Feldmann, Freitag, 20. März 1998

Bislang hat sich die Literaturwissenschaft wenig um die Frage geschert, wie es denn kommt, daß Literatur Lust und auch Unlust bereitet. Viel zu unseriös erschien ihr diese Fragestellung, viel zu subjektiv die Kategorien, mit denen eine Untersuchung des Phänomens Leselust zu operieren hätte. Doch nun hat der Bamberger Literaturwissenschaftler Thomas Anz eine Studie vorgelegt, in der es einzig und allein um "Vergnügen und Mißvergnügen, Glück und Unglück beim Lesen geht" und die, das sei bereits gesagt, nicht nur eine lohnende, sondern auch eine kurzweilige Lektüre darstellt.

Stefan Lutz, Berliner Morgenpost, 17.5.1998

Seine Analyse über "Literatur und Lust" versammelt neben Brecht alle Größen der Literatur aus 2000 Jahren und langweilt dabei kein bißchen. Ausgerüstet auch mit psychoanalytischen und ästhetischen Schürfwerkzeugen, geht er den Emotionen nach, die uns beim Lesen bewegen, dem Wohlgefallen am Schönen, der Sucht nach Spannung, der erotischen Lust. Denn eine Erklärung, warum das Lesen trotz medialer Reizüberflutung nicht auf der Strecke bleibt, muß es ja geben. Anz findet sie, abseits der Antworten einer "lustlosen Literaturwissenschaft", im menschlichen Streben nach Vergnügen und Glück, ob bei King oder Kafka. Daß nicht allein Literatur solchen Genuß verspricht, sondern eben auch Theater oder Kino, stört den Wissenschaftler nicht im mindesten, im Gegenteil. Sein Buch richtet sich zuerst an Liebhaber aller Künste, die Schubladen überläßt er den Kollegen.

Gerd Haffmans, Welt am Sonntag, 4.10.1998

Dass ich das noch erleben darf. Ein Germanist, der schreiben kann und auch noch etwas zu sagen hat.

Martin Adel, Der Standard, 19. Juni 1998

Daß das Buch nicht nur sachlich, sondern auch persönlich geschrieben ist, macht einen großen Vorzug aus. Denn so erfährt LeserIn nicht nur viel über die Lust am Lesen, sondern auch so manches über sich selbst.

Lutz Hagestedt, Süddeutsche Zeitung, 7.10.1998

Thomas Anz führt in seinem klugen, lustvoll zu lesenden Buch vor, daß einfache Lösungen oft nicht zu haben sind, wenn man literarhistorisch, sozialpsychologisch, emotionsphysiologisch oder wie auch immer fundierte Erkenntnisse erzielen will. Mittlerweile sind, nimmt man seinen Forschungsgegenstand ernst, Ergebnisse verschiedenster Disziplinen und Schulen kumulativ zusammenzutragen, auszuwerten und zu synthetisieren. Das ist hier eindrucksvoll gelungen.

Joachim Campe, NDR Radio 3, 20.07.1998

Eine germanistische Glanzleistung also - und noch ein bißchen mehr. Anz plädiert nämlich für eine "literaturwissenschaftliche Hedonistik", eine Philologie, die bei der Deutung eines Textes von der Lust ausgeht, die er bereitet. Durch die hedonistische Brille gesehen, könnte Literatur auch wieder ein Spiegel werden, der uns zeigt, was wir wollen und wer wir sind. Der Begriff Humanismus, dem seit den 60er Jahren der Makel des Restaurativen anhaftet, fällt noch nicht - aber im Schlußkapitel deutet Anz doch an, daß er seine Liaison mit der Philologie wieder herstellen möchte. Zu seiner neuen Philologie passen würde freilich nur ein neues Humanismus, dem er nicht ums abstrakt Geistige geht, sondern ums Leben.

Gelehrte Bücher sind selten auch kluge Bücher. Die Studie von Thomas Anz, die zu denken gibt, indem sie Wissen vermittelt, gehört zu diesen Ausnahmen. Und da sie so klar geschrieben ist, wie es humanistischem Programm entspricht, kann auch der germanistisch Ungeübte mithalten. Buffon hatte schon recht: Der Stil, das ist der Mensch selber.

Jahrbuch für Literatur & Psychoanalyse 1999

Denn warum lesen wir? In erster Linie doch wohl, weil es uns Spaß macht, Vergnügen bereitet. "Diese Tatsache ist so offensichtlich, daß sie an Universitäten kaum jemals erwähnt wird" (S. 7), glaubt Thomas Anz mit Terry Eagleton und macht sich daran, diesem Umstand abzuhelfen. Seine Untersuchung "Literatur und Lust. Glück und Unglück beim Lesen" ist lustvoll zu lesende Literaturwissenschaft und durchaus ein Glücksfall.

[...]

In seinem historisch wie systematisch weit ausgreifenden und differenzierten Überblick erfüllt Thomas Anz durchaus seinen Anspruch einer "literaturwissenschaftlichen Hedonistik" (S. 8). Er ergänzt die landläufigen rezeptionsästhetischen Fragestellungen, die mehr den kognitiven Aspekt im Leseakt untersuchen, und regt ein neues Nachdenken über die anthropologischen Konstanten wie die historisch und sozial bedingten Differenzen der Literatur und ihrer Rezeption an.

Clas Dammann, Zeitschrift für Germanistik IX-2/1999

Stets - mehr oder weniger - zugeschnitten auf die Frage nach Literatur und Lust bietet der Verf. hier eine tour de force durch die unterschiedlichen Disziplinen und Diskurse: durch Psychologie, Psychoanalyse, Lust- und Glücksforschung, Ansätze der Postmoderne, Spieltheorie und Ästhetik.

[...]

Ob das besprochene Buch nun lustvolle Lektüre bietet, darüber kann und soll hier nicht anhand der vorgestellten Bedingungen der Lust am Lesen geurteilt werden. Feststellen lässt sich jedoch, daß es durchweg gut und prägnant geschrieben ist, zumal der Verf. sich auf den verschiedenen theoretischen Feldern, zu denen er z. T. bereits an anderen Stellen publiziert hat, frei und souverän bewegt.

Berndt Herrmann, Donaukurier, Ingolstadt, 12.7.99

Thomas Anz´Buch "Literatur und Lust" ist ein Essay über die Lust an der Lektüre und die Erotik des Textes und gleichzeitig eine ambitionierte, kundige bis penible wissenschaftliche Abhandlung.

Und neben der Frage nach der Motivation des Lesers und dem Grund seiner Glücks- (oder Unglücks-) erfahrungen entwickelt sich die Abhandlung - fast ein bißchen verschämt angesichts des Anspruchs - zu einem höchst ehrgeizigen Projekt: Die Überlegungen zu einer Theorie des sinnlichen Lesens entpuppen sich als Fragmente einer allgemeinen Ästhetik - der ersten seit rund 150 Jahren. Der Bamberger Germanist erinnert wieder daran, daß Ästhetik auf den griechischen Begriff der Aisthesis - der sinnlichen Wahrnehmung - zurückzuführen ist. Er betreibt eine "hedonistische Literaturwissenschaft" als Theorie einer sinnlichen Lektüre.

Waldemar Fromm, Rhein-Neckar-Zeitung Nr. 12 vom 17.o1.99

Thomas Anz hat in seiner Studie über das hermeneutische Selbstverständnis hinaus Neues und Weiterführendes für das Fach zu bieten.

Steffen Martus, Berliner Zeitung 26./27. September 1998

"Wer liest, will Lust" - mit diesem Credo begründet Thomas Anz eine "literaturwissenschaftliche Hedonistik", die für akademische Verhältnisse etwas mittlerweile recht Ungehöriges tut. Sie fragt nach dem "Menschen" bzw. nach der Funktion der Literatur und das auch noch mit der regulativen Idee eines "guten Lebens" im Hinterkopf. Die literaturwissenschaftliche Hedonistik begreift sich als "spezialisiertes Teilgebiet einer allgemeinen Lust- und Glücksforschung".

Herbert Heckmann, Bücherjournal, 29.9.99, hr2

Es ist eine wissenschaftliche Arbeit, die jedoch, um gleich an ihren möglicher Leser zu denken, so geschrieben ist, daß sie jeder mit Gewinn lesen kann.

[...]

Literatur und Lust ist nicht nur ein anregendes Buch über das Lesen, sondern auch ein lesbares Buch, was man ja nicht gerade von jedem wissenschaftlichen Buch sagen kann.

Uta Schaffers, Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, IASL online vom 14.07.2000

Es ist die Leistung des Autors, daß er die Lesenden durch das Material führt, ohne daß man die Lust verliert, sich auf immer neue Facetten und Perspektiven einzulassen.

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Mit dem Kapitel über "Erotische und pornographische Lust" und einem "Ausblick" schließt das Buch von Thomas Anz, das einen bemerkenswerten Beitrag im Feld der literaturwissenschaftlichen Forschungsinteressen darstellt. Nach seiner Skizzierung einer literaturwissenschaftlichen Hedonistik ist die Lust in all ihren Spielformen aus der fachwissenschaftlichen Forschungsarbeit nicht mehr wegzudenken und auf Dauer etabliert. Darüber hinaus bietet das Buch zahlreiche vielversprechende Perspektiven einer weiteren Arbeit mit der literarischen und der "erlesenen" Lust.

Deutsche Bücher 2-3 2000

Thomas Anz hat sich in seiner überaus lesenswerten und umsichtigen Übersicht der interdisziplinären Forschungsliteratur [...] den Fragen nach dem Stellenwert des Lustprinzips in der Literatur und ihrer Rezeption gewidmet. Dabei entstanden die Umrisse einer literaturwissenschaftlichen Hedonistik, die es im Grunde schon mehr als zwei Jahrtausende gibt, deren Hypothesen und Befunde aber immer wieder in Vergessenheit geraten sind. Die anthropologische Frage nach den Lustquellen der Dichtung wird in der philosophischen und psychologischen Ästhetik (u.a. Fechner), in der empirischen Psychologie, in der zeitgenössischen Glücksforschung und in der Psychoanalyse behandelt. Anz setzt sich mit all diesen verschiedenartigen Ansätzen eingehend und kritisch auseinander, ohne sie zu simplifizieren.

http://www.kultur-wissenschaft.de