Es nervt

Zu Joachim Bessings Romanversuch „Untitled“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Roman liefert die Einstiegs-Anekdote schon mit dem Titel „Untitled“ – da muss man sich auch nichts merken. Und leider ist es wirklich so – muss man sich nicht merken, muss man auch nicht lesen. Dabei fängt alles eigentlich ganz gut an. Auch die Pressetext-Inhaltsangaben versprechen eine interessante Beziehungskonstellation und eine schwierige Lösungsstrategie. Zumindest vermutet man dies. Und im ersten Drittel des Buches scheint es alles auch noch ganz interessant zu sein, die Lektüre langweilt nur an ein paar Stellen, die man notfalls auch einfach ignorieren kann, aber als sich diese Passagen zur Mitte des Buches hin häufen, ist ein kurzes Innehalten unvermeidbar.

Was beschreibt der Autor? Eine Beziehung zu einer verheirateten Frau. Er hat sich verliebt, sie vielleicht auch, aber nicht richtig. Sie schlafen nicht miteinander, eine platonische Beziehung. Sie kann und will sich nicht trennen, er ist weiterhin verliebt, steigert sich in die Hoffnung auf eine Beziehung hinein. Wobei der Protagonist im Laufe der Erzählung, und trotz der seltenen Treffen der beiden Hauptfiguren, in der Abwesenheit seiner Liebsten einen seltsamen Normalzustand konstatiert. Wenn er denn nicht immer jammern würde, könnte man mit dem Zustand leben. Kann der Protagonist aber nicht, also klagt er. Dabei kann die literarische Gestaltung negativer mentaler Zustände durchaus nutzbringend und intelligent sein, vielleicht sogar im Sinne von „Larmoyanz als Konzept“ auftreten. Dies ist im vorliegenden Fall allerdings nicht gegeben.

So ist der Protagonist nicht im Stande, sich weiter zu entwickeln, verharrt in einem für ihn nicht zufriedenstellenden Beziehungszustand und schlittert letztendlich in eine Depression hinein, wenn nicht sogar in eine gravierende Persönlichkeitsstörung. Und so wie der Protagonist nicht in der Lage ist, sich zu entwickeln, so schafft es der Autor auch nicht, den schwierigen Zustand seines Protagonisten leserfreundlich und unterhaltsam zu gestalten. Man ist gewillt zu sagen, was man dem Protagonisten gerne in den Mund legen möchte, wenn es denn im Roman so gar nicht vorangeht: das nervt! Sorry, aber unterhaltsam und dramatisch geht anders.

Titelbild

Joachim Bessing: Untitled. Roman.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013.
303 Seiten, 19,99 EUR.
ISBN-13: 9783462045178

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