Plattenauflegen bis tief in die Nacht

Martin Büssers erneut aufgelegte Popmusikgeschickte „On the Wild Side“ ist immer noch eines der schlausten Bücher der letzten Jahre

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ein Klassiker der Popmusikschreibung des renommierten, gern gelesenen, und 2010 verstorbenen Musikjournalisten Martin Büsser ist nun wieder aufgelegt worden: Erfreulicherweise hat man sich auch nicht dazu hinreißen lassen, das Buch irgendwie zu aktualisieren. Büssers Band beschreibt, warum man Popmusik gerne haben kann, warum man sich in Platten verlieben kann und warum Musik schon mal mehr als nur einen Tag oder einen Abend rettet. Er vermittelt anhand der Musik, über die er schreibt, warum uns Popmusik etwas bedeuten sollte und warum sie das kann und macht, was sie mit uns macht. Man erfährt beim Lesen eine grenzenlose Begeisterung für Musik, die man nicht so oft findet.

Als das Buch vor fast zehn Jahren zum ersten Mal erschien, war es vor allem die Bescheidenheit, die bei der Lektüre auffiel. Es ist die Geschichte der Popmusik aus einer persönlichen Perspektive erzählt, nicht von einem Musikjournalisten oder einem Musikkritiker, sondern von einem leidenschaftlichen Musikhörer, der erfreulicherweise auch noch Musikjournalist und Schriftsteller ist. Das freut den Leser bei der Lektüre vor allem in Hinsicht auf den Details und Zusammenhänge, die man sonst nicht zu lesen bekommt. Sicherlich handelt es sich um eines der schlausten und unterhaltsamsten Bücher mit einer subjektiven und unglaublich kompetenten Geschichte der Popmusik, die uns Martin Büsser hinterlassen hat. Und am Ende schreibt er tröstlich: „Pop ist wie das Leben selbst: überraschend, unvorhersehbar und eigenwillig. Manchmal will er die Welt vergessen und manchmal verändern. Es bleibt also weiterhin spannend.“ Und um uns nicht hilflos zurück zu lassen, gibt es im Buch auch noch einen Anhang: Nach dem Schlusssatz findet man eine umfangreiche Liste mit Plattentipps zum Entdecken, zum Neuhören und Dazulernen. Sie erlauben eine anregende Reise durch die letzten 40 Jahre Popmusik.

Epilog: Man geht zum Plattenregal und legt mal eben „Pet Sounds“ auf, und danach „Silver Apples“ mit dem gleichnamigen Album, entdeckt die fantastische Scheibe „The Psychedelic Sound Of The 13Th Floor Elevators“ aus dem Jahr 1966 wieder neu und wechselt zu „Autobahn“ von Kraftwerk. Tocotronic wird aus dem Regal gezogen. Wie war das noch im Jahr 2000 mit „K.O.O.K“? Und da steht auch noch „Fear Of Music“ von den Talking Heads, die Neubauten gelangen wieder einmal auf den Plattendreher, und von Jefferson Airplane hört man endlich mal wieder „Surrealistic Pillow“. Und schon steckt man mitten drin in der Musik, wo alles zusammenhängt und miteinander spricht. Es ist drei Uhr Morgens und Pop lebt! So soll das sein!

Titelbild

Martin Büsser: On the Wild Side. Die wahre Geschichte der Popmusik.
Ventil Verlag, Mainz 2013.
270 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-13: 9783955750039

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch