Schnee in New Orleans
Truman Capote erzählt eine Weihnachtsgeschichte
Von Lutz Hagestedt
Eine der schönsten Weihnachtserzählungen stammt aus der Feder des 1984 verstorbenen Schriftstellers Truman Capote. Buddy, ihr Held, ein Bub von sechs Jahren, wächst bei Verwandten in Alabama auf, bei einer ziemlich verrückten Familie von Onkeln und Tanten. Die Eltern haben sich getrennt, die Mutter lebt in New York, der Vater in New Orleans. Eines Tages kommt, oh Schreck, eine Einladung des Vaters, Weihnachten in New Orleans zu verbringen. Buddy fügt sich, widerstrebend, in die lange, mühsame Reise, weil er hofft, in New Orleans Schnee zu erleben.
Ausgerechnet in New Orleans. Es regnet Bindfäden, aber mit dem Schnee ist es nichts. Und auch der Weihnachtsmann entpuppt sich in Wahrheit als der eigene Vater. Buddy lernt in diesen Tagen beim Vater viel: Über sich und seine Eltern, über die Tendenz der Erwachsenen, sich Illusionen zu machen, über ihre Leichtgläubigkeit, ja Naivität.
Capote schildert uns den kleinen Buddy als recht altklugen, aber eben auch lebensklugen Erzähler. Sein Buch ist mit einem lachenden und einem weinenden Auge zu lesen. Hans Wollschläger hat es glänzend übersetzt.
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