Benno Ohnesorg zum Gedenken

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BENNO OHNESORG ZUM GEDENKEN

Der Schah kam
und ließ schießen.
Benno Ohnesorg
blieb auf der Strecke.
Damit wir begreifen:
der Schah
geht über Leichen.
Sein Weg des Fortschritts
vom Feudalismus
in den Kapitalismus
ist mit Schädeln
gepflastert.
Benno Ohnesorg
stand im Wege.
Der Schah ließ
ihn zur Strecke bringen,
damit er freies Schußfeld
hat für den Weg
in die „freie Welt“.

Peter Schütt
vorgetragen auf der Trauerfeier für Benno
Ohnesorg am 7. Juni 1967 auf dem Campus
der Hamburger Universität, veröffentlicht in
Ruhr-Reflexe 6/67

Peter Schütt: Erinnerungen an Rudi Dutschke, in: Peter Bernhardi (Hrsg.), Rudi Dutschke, Frankfurt am Main: Verlag der Arbeitsgemeinschaft TROTZ ALLEM 1987, S. 14‒18, hier S. 17. Eine Neuauflage dieser in maschinenschriftlichem Satz gedruckten Freundschaftsgabe erschien 2015 zum 75. Geburtstag des 1979 verstorbenen führenden Studentenaktivisten. Erneute Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Peter Schütt in einer E-Mail an die Herausgeberin vom 17.10. 2019:

Ich kannte Benno Ohnesorg nicht persönlich. Was ich von ihm weiß, verdanke ich Uwe Timm. Aus Hannover stammend, wurde Benno von seinem Vater erzogen, weil die Mutter starb, als der Junge neun Jahre alt war. Zusammen mit Uwe Timm besuchte er das Braunschweig-Kolleg, ein Internat, und machte dort 1960 sein Abitur. Anschließend ging er nach Westberlin, um sich der Wehrpflicht zu entziehen, und studierte an der Freien Universität Romanistik und Germanistik. Als jemand, der früh begonnen hatte, sich literarisch zu betätigen, tauschte er mit Uwe Timm, der in München studierte, regelmäßig seine Schreibversuche aus. Zwar sympathisierte er mit der studentischen Protestbewegung, war aber nirgendwo organisiert. Nach Timms Berichten war Benno Ohnesorg eher ein Einzelgänger, ein stiller, in sich gekehrter Mensch.
Im Norden Teherans gibt es bis heute eine Straße in der Nähe der Universität, die nach Benno Ohnesorg benannt ist.
Am Abend, an dem Benno Ohnesorg erschossen wurde, kam ich in „Vorbeugehaft“. In der einzigen Nacht, die ich je in einem Gefängnis zubrachte, lag ich wach und konzipierte mein Gedicht. Zur Trauerfeier für Benno Ohnesorg in Hannover sind wir von Hamburg aus in einer langen Buskolonne gefahren. Auf dem Weg dorthin trugen die AStA-Vorsitzenden Detlev Albers und Gert Hinnerk Behlmer ein schwarzes Transparent, auf das mit Leukoplast-Streifen die Inschrift „Wir alle trauern um Benno Ohnesorg“ aufgeklebt war. Auf eben diesen Trauerflor wurde am 9. November desselben Jahres, ebenfalls mit Leukoplast aus dem Erste-Hilfe-Kästchen des AStA, der Spruch „Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren“ aufgetragen.