Montag, 6.4.

Ich lese wieder Franz Ruppert. Laut dem Traumatherapeuten und Buchautor leben wir in einer traumatisierten Gesellschaft. Corona aktiviert unsere Traumata. Ein Trauma ist eine starke psychische Erschütterung, die (im Unterbewusstsein) noch lange wirksam ist. Einmal erlitten, setzt sich das Trauma fort. Traumatisierte inszenieren ständig ihre Traumatisierungen aufs Neue, ohne dass ihnen das bewusst ist. Der jetzige Ausnahmezustand, so Ruppert, ist eine Angstreaktion. Der Trauma-Experte macht hinter den Panikreaktionen Verlassenheitsängste aus. Selbst ein so mächtiger Mann wie Trump ist dagegen nicht gefeit. Ist sein „America first!“ nicht eigentlich ein „My mother first!“ fragt Ruppert.
Es sind die Ängste des Kindes, die bei Traumatisierten Denken und Handeln bestimmen. Sie leben in einer Art Dauer-Quarantäne, einem inneren Gefängnis, in dem „wunschloses Unglück“ (Peter Handke) vorherrscht.

Aus Eva Strasser: Splitter aus der Quarantäne. Ein Corona-Tagebuch. Sonderausgabe literaturkritik.de. Verlag LiteraturWissenschaft.de, Marburg 2020