Das Gedächtnis der Bilder
Der legendäre Berliner Germanistentag in einer Filmsequenz
Von Sabine Koloch
Inhalt
1. Der für die Spätausgabe der Nachrichtensendung „heute“ vom 8. Oktober 1968 produzierte Einspieler
1.1. Ort und Zeit
1.2. Die acht Einstellungen
2. Stellungnahme von Volker Wild
2.1. Über die Auseinandersetzungen in der Germanistik 1967/68
2.2. Kurzbiografie
3. Die Transparente
Anhang: dpa-Meldungen
Die Suche nach Fotos vom Berliner Germanistentag 1968 schien sich zu einer unendlichen Misserfolgsgeschichte auszuweiten, bis mich im September 2019 ganz unerwartet ein Brief mit Kopien der von Eberhard Theilmeier[1] abgefassten Besprechung des 9. Deutschen Germanistentages erreichte.[2] In Theilmeiers Tagungsbericht ist von ausgedehnten Aufnahmen des ZDF die Rede.[3] In der Folge richtete ich eine Anfrage an die Rundfunkanstalt in Mainz, und tatsächlich konnte Veit Scheller[4] eine Filmsequenz ermitteln, die am 8. Oktober 1968 im Rahmen der „heute“-Sendung um 22.24 Uhr in dem Beitrag mit dem Titel „Germanistentag“ veröffentlicht worden war. Länge des Schwarzweißfilms 30 Sekunden. Originaltonspur defekt.[5] 15 Prozent des Films dürfen hier veröffentlicht werden (Link zum Kurzfilm).
Der ZDF-Einspieler vergegenwärtigt den Berliner Germanistentag auf der visuellen Ebene. Namen bekommen Gesichter und Gesichter Namen. Beispielhaft herausgegriffen sei Volker Wild, der studentische Sprecher mit Megafon, der sich im zweiten Abschnitt dieses Beitrages zu den Konflikten in der 1968er-Germanistik äußert. Darüber hinaus wird vor allem sichtbar, dass die Tagung nicht geordnet ablaufen konnte, dass es zu Auseinandersetzung ums und am Podium kam.
Laut Ankündigung in der FAZ erwartete der Deutsche Germanistenverband (DGV) zu seiner vom 7. bis 12. Oktober in Berlin veranstalteten Fachtagung 900 bis 1.000 Teilnehmer.[6] Das Auditorium Maximum und die Hörsäle B und D des Henry-Ford-Baus der Freien Universität in Berlin-Dahlem standen als Veranstaltungsräume schon lange fest,[7] als die Schulbehörde in Erwartung von studentischen Störungen dem Vorstand des DGV kurzfristig geeignetere Räumlichkeiten vorschlug. Die Wahl fiel auf die Staatliche Ingenieurakademie Gauß im Bezirk Berlin-Wedding[8], heute Beuth Hochschule für Technik.
Das ZDF drehte mit feststehender Kamera in der Aula der Ingenieurakademie. Der Saal ist Teil eines Neubaukomplexes aus dem Jahr 1964 und bietet Platz für bis zu 1.000 Personen.
Gefilmt wurden die ersten 30 bis 60 Minuten des ersten Kongresstages am 8. Oktober, einem Dienstag. Die Begrüßungsansprache um 9.00 Uhr hielt Karl Heinz Borck (1923‒2009), Professor am Germanischen Seminar der Universität Hamburg und 1966 bis 1968 erster Vorsitzender des Deutschen Germanistenverbandes.
Sekunde 1‒6, Einstellung 1
Die Filmsequenz setzt mit einem langsamen Rechtsschwenk über den überfüllten Saal der Aula ein. Das Publikum wird zunächst von hinten, dann von der Seite gezeigt. Die Zahl der Männer übersteigt die der Frauen deutlich. Auf einigen Knien und Schößen liegen helle Mappen mit den Tagungsunterlagen. Ein Teil der Anwesenden muss wegen fehlender Sitzplätze an der Wand stehen.
Sekunde 7‒10, Einstellung 2
Auf dem Bühnenrand sitzen eng gedrängt Mitglieder der Ad-hoc-Gruppe Germanistik. Unterhalb des Podiums ist am hellen Oberteil und an der Brille Willi Jasper zu erkennen (Auskunft Volker Wild), welcher im Moment der Aufzeichnung den Kopf zur Seite dreht.[9] Sechs Personen weiter rechts Klaus Landeck[10] (dunkler Pulli, weißer Kragen, Brille), Mitglied der Ad-hoc-Gruppe und später auch Mitglied der Roten Zelle Germanistik (Auskunft Volker Wild). Eine Studentin entschließt sich, den Text eines Flugblatts ins Publikum zu halten.[11] Am Rednerpult Karl Heinz Borck. Zwischen Schreibtafel und Bühnenrand steht mit dem Rücken zum Publikum ein junger Mann hinter einem langgestreckten Tisch, an dessen Ende Volker Wild Platz genommen hat.[12]
Sekunde 11‒13, Einstellung 3
Die Nahaufnahme richtet die Aufmerksamkeit auf die Transparente, die in dieser Szene wie übereinandergestellt wirken. Die in zwei Reihen hintereinanderstehenden Transparentträger*innen verschwinden bis auf wenige Beine hinter den hellen Stoffbahnen.
Sekunde 14‒15, Einstellung 4
Um das Rednerpult und unterhalb der Bühne hat sich eine Menschentraube gebildet. Kein Anzeichen von ausbrechendem Chaos. Am Stehpult Borck, links von ihm Eberhard Lämmert,[13] die Hände in den Hosentaschen vergraben. Ein an das Pult gelehnter Student im quergestreiften Poloshirt stützt sich auf dem Holzrand ab. Rechts von ihm steht Dorothee Schmidt, helle Hose, helle Haare, Germanistikstudentin, Mitglied der Ad-hoc-Gruppe (Hinweis Volker Wild). In dem Mann am vorderen Bildrand mit Glatze und Haarkranz, randloser Brille, Bart und dunklem Jacket, erkennt Rudi Schmidt sich selbst.[14]
Sekunde 16‒17, Einstellung 5
Aus der Nähe wird Volker Wild aufgenommen, wie er in das Megafon spricht. Sein kurzes blondes Haar ist aus dem Gesicht gekämmt, seine Mimik unaufgeregt. Auf dem weißen Schalltrichter der handschriftliche Besitznachweis „AStA FU“.
Sekunde 18‒21, Einstellung 6
Eine Gruppe Studierender nutzt die Bühne, um sich in den Vordergrund zu stellen. Die Szene wirkt nicht tumulthaft. Der bärtige Werner Heuler[15] im offenen Cord-Sakko klatscht anhaltend in die Hände, ebenso ein von ihm nahezu vollständig verdeckter Mitstreiter und weiter rechts ein hochgeschossener Student in aufgeknöpfter Anzugsjacke mit leger gebundener Krawatte. Aus Richtung Pult kommend, eilt Volker Wild mitten durch die Gruppe.
Sekunde 22‒23, Einstellung 7
Die im Seitengang platzierte Kamera hält eine Abstimmung fest.[16] Arme heben und senken sich.
Sekunde 24‒30, Einstellung 8
Ein direkt in die Kamera blickender Student in heller Hose und Jacke, das Bein übergeschlagen, lächelt belustigt und bringt Kopf und Hände zum Sprechen. Vor der Sitzreihe haben sich Studierende auf dem Boden niedergelassen. Dahinter stehendes Publikum.
Der Bericht von Eberhard Theilmeier ist weitgehend inhaltslos und trägt daher auch nicht zur Rekonstruktion der damaligen Konflikte bei. Was er über die verschiedenen Interessengruppen sagt, ist wirr. Richtig ist, dass es auch im Fachverband Germanistik (Verband Deutscher Studentenschaften) Vertreter gab, die sich gegen Versuche aussprachen, den Germanistentag zu sprengen. Sie blieben aber in der Minderheit.
Man kann die damalige Auseinandersetzung nur im Kontext der Studentenbewegung und des tiefen studentischen Unbehagens über die Sprachlosigkeit der universitären Fachwissenschaften angesichts der damaligen politischen Konflikte auf dem Campus und in der Gesellschaft sehen. Zu nennen ist der Tod Ohnesorgs, die Hetze der Springer-Presse und die Notstandsgesetzgebung. Im Falle der Germanistik kam die Kritik an den deutschtümelnden Traditionen des Faches, seinen fehlenden wissenschaftlichen Standards und an den chaotischen Verhältnissen des universitären Unterrichts hinzu. Die Entwicklungen waren nicht auf Berlin beschränkt, die Konflikte spitzten sich hier aber dramatisch zu.
Als damaliger Studentenvertreter der 1.800 Studierenden am „Germanischen Seminar“ kann ich mich an zahlreiche Vollversammlungen in den Jahren 1967/68 erinnern, in denen es unter anderem um den Tod Benno Ohnesorgs und das Verhalten der Staatsmacht im Zusammenhang mit dem Schah-Besuch ging. Regelmäßig erklärten sich die Germanistikprofessoren, falls sie überhaupt zu den Versammlungen kamen und falls sie sich überhaupt äußerten, für unzuständig. Das fiele nicht in ihr Ressort. Ich denke da an den Altgermanisten Joachim Bumke, der in aller Unschuld auf einer der Vollversammlungen erklärte, die gewaltsame Auflösung der Demonstration vor der Deutschen Oper sei eine politische Frage, zu der er nicht qualifiziert sei, Stellung zu nehmen. Dabei war Ohnesorg Student des Germanischen Seminars gewesen. Überhaupt fehlte eine klare Stellungnahme des Professorenkollegiums des Germanischen Seminars, in der die Direktoren die Erschießung Ohnesorgs verurteilten und sich mit dem Protest der Studierenden solidarisierten. Es gab Professoren aus anderen Fächern, die das taten – zu nennen sind insbesondere der Theologe Helmut Gollwitzer und der Philosoph Wilhelm Weischedel.
Unser Protest auf dem Germanistentag signalisierte, dass wir nicht bereit waren, angesichts der aufgebrochenen Konflikte zur Tagesordnung überzugehen. In der Rückschau ist der Protest durchaus als Teil der Selbstproblematisierung eines Faches zu verstehen, das sich erst dreißig Jahre zuvor noch als „deutsche Wissenschaft“ gesehen und keine Skrupel hatte, sich dem NS-Regime anzudienen. Eberhard Lämmerts Publikation zwei Jahre zuvor war ein wichtiger Beitrag zu dieser Problematisierung. Die massiven Störungen eingeschliffener wissenschaftlicher Rituale, zu der die Studierenden vielfach beitrugen, half die produktive Beunruhigung des Faches zu vertiefen. Diese nüchterne Einschätzung hat, so meine ich, auch nach fünfzig Jahren ihre Gültigkeit nicht verloren.
Geboren 1944, Studium der Germanistik, Philosophie und evangelischen Theologie in Tübingen 1963‒1964 und an der FU Berlin 1964‒1970.
1965‒1968 Sprecher der Studentenvertretung am Germanischen Seminar der FU. In dieser Zeit: Herausgeber (zus. mit Rudolf Schmidt, bekannter als Rudi Schmidt) des Studienführers Germanistik bei Elwert und Meurer, Berlin. Umfrage unter den Studierenden des Germanischen Seminars über Studienverlauf, Studienziele, Stellungnahmen zur Studienordnung und Unterrichtspraxis. Auswertung der Fragebögen unter Beteiligung von Rudi Schmidt und Marlies Krüger[17] (MPI für Bildungsforschung). Auffällig war, dass jüngere Semester unter Berufsziel zumeist Lektor/in, Hochschullehrer/in oder Schriftsteller/in, ältere Semester überwiegend Deutschlehrer/in angaben.
Zuarbeit für Professor Lämmert bei der Ausarbeitung von Vorschlägen zur Reform des Germanistikstudiums in der BRD
1967 Gründung der Gruppe Forum Junge Germanistik an der FU
1968 Mitbegründer der Ad-hoc-Gruppe Germanistik an der FU, Wahl zum Vorsitzenden des Fachverbands Germanistik im Verband Deutscher Studentenschaften
1969 Mitbegründer der Roten Zelle Germanistik an der FU
1970 1. Staatsexamen (Germanistik, evangelische Theologie)
1970‒1978 Mitglied in K-Gruppen
1970‒1972 Hilfsarbeiter bei der BASF, Ludwigshafen
1972‒1974 Studienseminar Recklinghausen, 2. Staatsexamen
1975 Unterricht in Privatschulen
1975‒1977 Umschulung zum Werkzeugmacher
1977‒1980 Facharbeiter in Betrieben in Oberhausen und Nürnberg
1980‒1982 Pädagogischer Leiter einer Privatschule
1982‒1993 Aufenthalt in Zimbabwe: Tätigkeit als Technical Instructor in der Lehrwerkstatt einer lokalen Holding, Geschäftsführer der Zimbabwe German Society, einer mit Mitteln des Auswärtigen Amts geförderten Kultureinrichtung, Durchführung eines Forschungsprojekts der Volkswagen-Stiftung über afrikanische Geschäftsleute in Zimbabwe
1994 Promotion in Soziologie an der Universität Gießen
1995 Lehraufträge am Institut für Soziologie der FU Berlin
1997 Profit not for Profit’s Sake. History and Business Culture of African Entrepreneurs in Zimbabwe, Baobab Books Harare
1995‒2000 Geschäftsführer einer GbR in Berlin-Prenzlauer Berg: Instandsetzung und Modernisierung eines Mietshauses aus dem Jahr 1876
2000‒2005 Sprecher einer Bürgerinitiative zur Errichtung eines Erinnerungszeichens für die Inhaftierten des Haftkellers „Haus 3“ des KGB und später der Stasi in Berlin Prenzlauer-Berg, Fröbelstraße
Seit 2008 Arbeit zu Themen der deutschen Erinnerungspolitik, Veröffentlichungen in Fachzeitschriften
2014 Gründung der mit erinnerungspolitischen Agenden befassten „Gesellschaft für Denkmalforschung e.V.“: http://denkmalforschung.org/forschungsgruppe/. Zurzeit Erarbeitung einer Buchpublikation (zus. mit dem Politologen Jan Ferdinand) zum Thema: Kanzlernarrative. Adenauer, Brandt und Kohl zum Nationalsozialismus und zur Rolle der Deutschen im Nationalsozialismus.
E-Mail-Adresse: dr_wild@t-online.de
Die Transparente hat wahrscheinlich die Ad-hoc-Gruppe hergestellt. Wer für die in der Presse vielfach zitierten Slogans verantwortlich zeichnete, muss offen bleiben. In ihnen drückt sich einerseits die Überzeugung von der gesellschaftlichen Irrelevanz der Germanistik aus und andererseits eine Absage an die Formen identifikatorischer Literaturrezeption.
Der Ausdruck „Papiertiger“ wurde von Mao Tse-tung während der chinesischen Kulturrevolution geprägt und bezeichnete politische und universitäre Autoritären, die ihre Macht missbrauchen, um das Volk einzuschüchtern, in Wirklichkeit aber wie Papiertiger zahnlos sind.
Quellennachweis: Heinz Geiger, Albert Klein, Jochen Vogt (Hrsg.): Literatur und Literaturwissenschaft. Materialien zur Einführung (Grundstudium Literaturwissenschaft; 1), Düsseldorf: Bertelsmann Universitätsverlag 1973, S. 16‒17.
dpa 91 id/ku[18]
germanistentagung: studenten besetzten podiumberlin, 8. oktober 68 dpa ‒ mit einem transparent ”schlagt die germanistik tot -macht die blaue blume rot” begruessten oppositionelle studenten am dienstagvormittag in berlin die teilnehmer einer tagung des deutschen germanistenverbandes. rund 50 studenten besetzten kurz vor tagungsbeginn demonstrativ das podium des saales in der staatlichen ingenieurschule gauss und forderten eine diskussion ueber ”die funktion der tagung”. auf einem zweiten transparent, das waehrend der begruessungsrede des ersten vorsitzenden des germanistenverbandes, prof. dr. karl heinz borck (hamburg), entrollt wurde, war zu lesen: ”germanistik ist der schwanz des papiertigers”.
prof. borck, dessen ansprache die studenten wiederholt mit gelaechter und zwischenrufen kommentierten, erklaerte: ”wir haben nicht die absicht, uns der studentischen kritik zu entziehen”, an den diskussionen nach den vortraegen koenne sich jeder beteiligen, er bekraeftete die bereitschaft zu ”rationaler auseinandersetzung” und empfahl den studenten, nicht transparente, sondern das zu entfalten, ”was sie selbst aufklaererische produktivkraft nennen”. in einer anschliessenden abstimmung entschied sich die grosse mehrheit der tagungsteilnehmer entgegen den studentischen forderungen fuer das vorliegende offizielle tagungsprogramm.
zwtl: ablehnende haltung
die studenten, die bis dahin noch nicht zu wort gekommen waren, forderten ueber ein mitgebrachtes megaphon erneut eine sofortige diskussion. die zuhoerer nahmen jedoch eine ablehnende haltung ein. sie uebertoenten die megaphondurchsagen durch klatschen und riefen ”aufhoeren” und ”raus”, nachdem der berliner senator fuer schulwesen, karl-heinz evers, eine begruessungsansprache gehalten hatte, stellte prof. borck trotz ablehnender haltung der zuhoerer einigen studenten das mikrophon kurzzeitig zur verfuegung. die studenten waren schliesslich bereit, den ersten referenten ”als testfall” seinen vortrag halten zu lassen, prof. dr. klaus baumgaertner (stuttgart) sprach ueber ”grammatik und automatentheorie”.
die studenten kritisieren, die tagung stelle keine oeffentlichkeit ueber die gegenwaertigen probleme der germanisten her. die draengenden fragen aus der praxis der germanistik seien an den rand geschoben, die ”hierarchische struktur” des verbandes sei schuld, wenn es nicht zu einer diskussion der ”wirklichen probleme der lehrer, schueler und studenten” komme, als solche probleme nannten die studenten auf einem flugblatt die ”produktionsverhaeltnisse an den instituten” einschliesslich der berufungspraxis, die divergenz von hochschul- und schulgermanistik, interdisziplinaeres forschen, sowie gegenstaende und methoden des deutschunterrichts.
zwtl: programm wurde ”umfunktioniert”
nachdem der erste vortrag ohne stoerungen gehalten werden konnte, forderten die studenten, entgegen dem programm, erneut eine sofortige diskussion. die zuhoerer uebertoenten zunaechst wieder die megaphondurchsagen mit klatschen und verlangten wie vorgesehen, den naechsten vortrag gleich anschliessend zu hoeren. einer der lehrer setzte sich jedoch fuer den wunsch der studenten ein, was schliesslich dazu fuehrte, dass bei einer zweiten abstimmung die mehrheit der sofortigen diskussion und der verlegung des zweiten vortrages auf den nachmittag zustimmte. damit war es den studenten gelungen, einen teil des programmes nach ihren vorstellungen ”umzufunktionieren”.
prof. borck teilte mit, in der pause sei die mikrophonleitung durchschnitten worden, er kuendigte an, dass am naechsten tag ”alle vorsorge” getroffen werde, um stoerungen zu verhindern, waehrend der verbandsvorsitzende zu den versammelten sprach, setzten ihm studenten eine papiermuetze auf.
Anmerkungen
[1] Eberhard Theilmeier (1930‒2010) war 1971‒1993 Schulleiter des Johann-Conrad-Schlaun-Gymnasiums Münster. Zum ersten Vorsitzenden der Fachgruppe der Deutschlehrer im Deutschen Germanistenverband wurde er sehr wahrscheinlich 1972 gewählt und übte dieses Amt bis 1979/80 aus. Vgl. u. a. Eberhard Theilmeier: Zur Lage des Faches Deutsch im Land Nordrhein-Westfalen, in: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 24, 1977, 1, S. 29‒30.
[2] Ich will mich bei dem hilfsbereiten Briefsender Jürgen Badendreier ebenso herzlich danken wie bei Ulrich Harsch, der sich bereit erklärte, die digitale Bildbearbeitung zu übernehmen.
[3] Eberhard Theilmeier: Bemerkungen zum Verlauf des Berliner Germanistentages, in: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 15, 1968, 4, S. 6‒8, hier S. 6. Erwähnt wird der Tagungsbericht u. a. von Oliver Müller: Messbare Dichtung? Eine Feldstudie zur exakten Literaturwissenschaft in den 1960er Jahren, in: Georg Mein/Markus Rieger-Ladich (Hrsg.): Soziale Räume und kulturelle Praktiken. Über den strategischen Gebrauch von Medien, Bielefeld: Transcript 2004, S. 149‒180, hier 157, und Jörg Schönert: „Keine leichten Jahre für die Germanistik“. Walter Müller-Seidel und die Vereinigung der deutschen Hochschulgermanisten im Deutschen Germanisten-Verband (1958‒1972), 17-seitiges PDF-Dokument URL: https://www.walter-mueller-seidel.de/materialien.php (2.7.2011), S. 7, 16.
[4] Veit Scheller: Zweites Deutsches Fernsehen, in: Markus Behmer, Birgit Bernard, Bettina Hasselbring (Hrsg.), Das Gedächtnis des Rundfunks. Die Archive der öffentlich-rechtlichen Sender und ihre Bedeutung für die Forschung, Wiesbaden: Springer VS 2014, S. 89‒104, hier S. 90.
[5] Die Diskussionsbeiträge der Tagung wurden auf Tonband aufgezeichnet (laut Auskunft von Ingrid Großmann lassen sich die Bänder nicht in den Beständen des Literaturarchivs Marbach nachweisen). Quelle für die Existenz solcher Aufzeichnungen ist ein zweiseitiger maschinenschriftlicher Briefentwurf (Durchschlag), verfasst von Werner Weiland, Starnberg, 9.11.1968, Blatt 1 (Privatbesitz Eva D. Becker, St. Ingbert).
[6] Germanistentag in Berlin, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 20, 1968, Nr. 233, Montag, 7. Oktober 1968, S. 22.
[7] Einladung und Programm zur Tagung des Deutschen Germanistenverbandes vom 7. bis 12. Oktober 1968 in Berlin, o.O. u. J. (12-seitige Broschüre), S. 9. Vgl. auch: Einladung zur Tagung des Deutschen Germanistenverbandes 7.‒12.10.1968 in Berlin, in: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 15, 1968, 1, S. 4‒5. Tagung des Deutschen Germanistenverbandes vom 7.‒12. Oktober 1968 in Berlin. Einladung und Programm, in: ebd., S. 5‒7.
[8] 2001 wurde Wedding dem neu gebildeten Stadtbezirk Berlin-Mitte eingegliedert.
[9] Willi Jasper: Der gläserne Sarg. Erinnerungen an 1968 und die deutsche „Kulturrevolution“, Berlin: Matthes & Seitz 2018. Siehe auch den Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Willi_Jasper (Anlage der Seite am 20.8.2007). Jasper, Jahrgang 1945, war zuletzt Professor für Neuere deutsche Literatur- und Kulturgeschichte (Germanistik) und Jüdische Studien an der Universität Potsdam. Vgl. Julius H. Schoeps, Willi Japser, Bernhard Vogt (Hrsg.): Ein neues Judentum in Deutschland? Fremd- und Eigenbilder der russisch-jüdischen Einwanderer (Neue Beiträge zur Geistesgeschichte; 2), Potsdam: Verlag für Berlin-Brandenburg 1999.
[10] Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 7. Wahlperiode. Anlagen zu den stenographischen Berichten, Bd. 202, Bonn: Heger 1975, S. 25: „Dem Zentralkomitee der KPD gehören 15 Mitglieder an, u. a. Jürgen Horlemann | Christian Semler | Hermann Frohberg | Dietrich Kreidt | Ruth Degen | Klaus Landeck.“ Vgl. Klaus Landeck, Hartmut Schmidt: Die Arbeiterkorrespondentenbewegung als ein Moment der Bolschewisierung der KPD in den Jahren 1924‒1926. Zur Theorie und Praxis der marxistisch-leninistischen Presse, Magisterarbeit FU Berlin 1971. Die Magisterarbeit wird unter anderem zitiert von Rüdiger Safranski: Studien zur Entwicklung der Arbeiterliteratur in der Bundesrepublik, Berlin, Freie Universität Berlin, Fachbereich 16 (Germanistik), Dissertation 1976.
[11] Hier könnte es sich um das wohl schon am Vortag verteilte Flugblatt „AUF DER FLUCHT | GOETHES WOLKENLEHRE IN DER GAUSS-AKADEMIE“ handeln. Vgl. Sabine Koloch: Das Flugblatt „Auf der Flucht“. Die Ad-hoc-Gruppe der Germanisten zum Auftakt des 9. Germanistentages, URL: https://literaturkritik.de/public/artikel.php?art_id=1249&ausgabe=51 (25.10.2019).
[12] Volker Wild (* 1944), Vorsitzender des Fachverbands Germanistik im Verband Deutscher Studentenschaften. Vgl. Volker Wild: Reform des Germanistik-Studiums. Stand und Aufgaben, in: Germanistik-Studium [hrsg. von der Institutsvertretung des Germanischen Seminars der FU Berlin] 1, 1967, 1, S. 11‒18; ders.: Kritik der Studienberatung, in: ebd. 1, 1967, 2, S. 5‒18; ders.: Studiengänge der Germanistik in der BRD und in Westberlin (I): Anfangsphase und Zwischenprüfung, in: ebd. 1, 1967, 3, S. 3‒19; ders.: Apologie im kritischen Gewande. Eine Antwort auf die Bochumer Stellungnahme, in: ebd. 1, 1967, 5, S. 17; ders.: Für wen lohnt sich die Universität?, in: ebd. 2, 1968, 6, S. 3‒9. Siehe auch: VDS, Fachverband Germanistik: Sitzungsberichte von der Tagung der Studienreformkommission des Fachverbandes Germanistik im VDS. Hamburg, 22.‒25. März 1968. Verantwortlich Astrid Heide und Rolf Schulmeister, Hamburg im Mai 1968 (Hektogramm). Initiativgruppe Studienreform [Hamburg]: Studienreform und Hermeneutik, in: Olaf Schwencke (Hrsg.), Literatur in Studium und Schule. Ergebnisse und Dokumente des Kolloquiums vom April 1970 (Loccumer Kolloquien; 1) (Loccumer Experten-Überlegungen zur Reform des Philologiestudiums; 1), Loccum 1970, S. 1‒12, ebenfalls in: Linguistische Berichte. Forschung. Information. Diskussion 3, 1971, 12, S. 69‒77. Der „Initiativgruppe Studienreform“ gehörten an: Wolfgang Dittmann, Hubertus Fischer, Dieter Flader, Ernst-Otto Gerke, Rainer Manthey, Hans-Harald Müller und Rolf Schulmeister.
[13] Eberhard Lämmert (1924–2015), 1961‒1970 Professor für Deutsche Philologie und Allgemeine Literaturwissenschaft in Berlin, 1972‒1976 erster Vorsitzender des Deutschen Germanistenverbandes, 1976‒1983 Präsident der Freien Universität Berlin. ‒ In der Bibliografie von Gisela Herfurth, Jörg Hennig, Lutz Huth (Topographie der Germanistik. Standortbestimmungen 1966‒1971. Eine Bibliographie. Mit einem Vorwort von Wolfgang Bachofer, Berlin: Erich Schmidt Verlag 1971) sind folgende Arbeiten von Lämmert verzeichnet: Der halbe Weg: vier Jahre. Chronik einer Examensreform, in: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 17, 1970, 3, S. 1‒4. Zu Fragen des germanistischen Studiums, in: Germanistik-Studium 2, 1967, 1, S. 2‒10. Das Ende der Germanistik und ihre Zukunft, in: Jürgen Kolbe (Hrsg.), Ansichten einer künftigen Germanistik, München: Hanser 1969, S. 79‒104. Thesen zur Reform der Germanistik, in: Olaf Schwencke (Hrsg.), Literatur in Studium und Schule. Ergebnisse und Dokumente des Kolloquiums vom April 1970 (Loccumer Kolloquien; 1) (Loccumer Experten-Überlegungen zur Reform des Philologiestudiums; 1), Loccum 1970, S. 26‒29. Germanistik ‒ eine deutsche Wissenschaft, in: Germanistik ‒ eine deutsche Wissenschaft. Beiträge von Eberhard Lämmert, Walther Killy, Karl Otto Conrady und Peter v. Polenz, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1967, S. 7‒41 (siehe die Anmerkung in der Bibliografie Topographie der Germanistik: „Zuvor: v. WIESE/HENSS, Nationalismus [= 6.12-19], S. 15‒36. – Erweiterte Fassung des gleichnamigen Beitrages Universitätstage 1966 [= 3.2-29], S. 76-91.“). Memorandum. Zur Reform des Studiums der Linguistik und der Literaturwissenschaft, in: Linguistische Berichte. Forschung. Information. Diskussion 2, 1970, 5, S. 70‒72 [„Rhedaer Memorandum“] (siehe die Anmerkung in der Bibliografie Topographie der Germanistik: „Auch: Ansichten [= 3.0-2], S. 219‒222; JbIntGerm 1.2 [1969], S. 107‒112, mit einer Vorbemerkung von E. LÄMMERT.“).
[14] Rudi (Rudolf) Schmidt war von 1992 bis 2004 Professor für Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Siehe den Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Rudi_Schmidt (Anlage der Seite am 28.7.2009). Vgl. Rudi Schmidt: Der späte Nachhall von ’68 ‒ Alte Erkenntnisse in neuen Gewändern?, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 70, 2018, S. 705‒725.
[15] Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 7. Wahlperiode. Anlagen zu den stenographischen Berichten, Bd. 202, Bonn: Heger 1975, S. 25: „Höchstes Leitungsgremium der KPD ist der ‚Ständige Ausschuß des Politbüros des ZK der KPD‘, dem weiterhin der seit den Aufbauzeiten in der KPD führend tätige Christian Semler angehört, außerdem Jürgen Horlemann | Werner Heuler| Karlheinz Hutter.“ Vgl. auch Werner Heuler: Über Rudolf Bahros Buch Die Alternative ‒ zur Kritik des real existierenden Sozialismus, in: Theorie und Praxis des Marxismus-Leninismus 3, 1977,1/2, S. 117‒140, und Jürgen Miermeister, Jochen Staadt (Hrsg.): Provokationen. Die Studenten- und Jugendrevolte in ihren Flugblättern 1965‒1971, Darmstadt, Neuwied: Luchterhand 1980, S. 188.
[16] Sabine Koloch: Verbandspolitik Schwarz auf Weiß, aber mit Zwischentönen im Hintergrund. Das Protokoll von Eva D. Becker zum Deutschen Germanistentag 7.–12. Oktober 1968 in Berlin, URL: https://literaturkritik.de/public/artikel.php?art_id=1138 (11.7.2018), S. 9: „Volker Wild etc. verlangen Diskussion über das Tagungsprogramm […]. Man ‚einigt‘ sich notdürftig darauf, daß der erste Vortrag über die Bühne geht und anschließend diskutiert wird.“ Ausfallen musste der für 10.30 Uhr anberaumte Vortrag von Albrecht Schöne über Goethes Wolkenlehre.
[17] Anmerkung von Sabine Koloch: Marlis Krüger (1940‒2012) lehrte an der Universität Bremen seit 1972 Sozialwissenschaften. Sie gilt als „Gründungsmutter“ der Universität Bremen. Auswahl an Schriften von Marlis Krüger: Strukturfragen und didaktische Probleme der Hochschule. Bericht über eine Akademietagung in Loccum, 14. bis 17.11.1966, in: Neue Sammlung. Vierteljahres-Zeitschrift für Erziehung und Gesellschaft 7, 1967, S. 274‒279. Germanistik zwischen Berufsausbildung und Luxuswissenschaft. Ein Diskussionsbeitrag zum Wissenschaftsratsgutachten über die Neuordnung des Studiums, in: Deutsche Universitätszeitung 22, 1967, 3, S. 29‒33. Zur Lage der Germanistik in der Bundesrepublik, in: Alternative. Zeitschrift für Literatur und Diskussion 10, 1967, 55, S. 150‒154. Krise in der Germanistik. Zur Lage der Germanistik an westdeutschen Universitäten, in: The German Quarterly: A Journal of the American Association of Teachers of German 42, 1969, S. 225‒253. Michael Jenne, Marlis Krüger, Urs Müller-Plantenberg: Student im Studium. Untersuchungen über Germanistik, Klassische Philologie und Physik an drei Universitäten. Mit einer Einführung von Dietrich Goldschmidt, Stuttgart 1969 (mit folgenden Beiträgen von Marlis Krüger: Die Studenten der Germanistik, S. 44‒55; Der Aufbau des Studiums [zum Germanistik-Studium] S. 55‒67; Die Wissenschaftssituation, S. 67‒71; Studieninhalt und Beruf, S. 71‒80; Perspektiven einer neuen Germanistik, S. 137‒144). ‒ Siehe auch: Familie und Stellung der Frau in der bürgerlichen Gesellschaft. Öffentliche Vortragsreihe an der Universität Bremen im Mai/Juni 1979 [Redaktion: Marlis Krüger], Bremen 1979.
[18] Zu diesem Zeitpunkt kamen die dpa-Meldungen über den Fernschreiber in die Redaktionen.