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Gerhard Scheit: Kritik des politischen Engagements.
ça ira Verlag, Freiburg 2016.
710 Seiten, 36,00 EUR.
ISBN-13: 9783862591282

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Klappentext des Verlages

Alle Ideologie beruht auf Verdrängung der Gewalt; noch dort, wo sie Gewalt fetischisiert, bildet der blinde Fleck des Souveräns den Ursprung. Denn ausgeblendet wird ja nicht Gewalt als solche, sondern dass durch sie die Einheit der Gesellschaft erst Bestand hat. An diesem blinden Fleck tritt im Politischen selbst zutage, wie Aufklärung sich weigert, ihre eigenen Bedingungen zu begreifen – darin ist sie zunächst nichts anderes als die frühe Gestalt des Engagements. In dieser ‚Dialektik des Leviathan‘, wie sie der erste Teil des Buchs im Anschluss an die Dialektik der Aufklärung zu umreißen versucht, erhält die Gegenüberstellung von Hobbes und Spinoza eine Schlüsselrolle. Die These lautet, dass ein kritischer Begriff des Staats ohne die Kritik der spinozistischen Auffassung von Substanz nicht zu haben sei, deren problematische Aspekte nicht zufällig in der französischen (und italienischen) Linken (Althusser, Deleuze, Negri…) wiederkehrten. Umgekehrt war es gerade die Problematik dieses Substanzbegriffs, die es Marx erst ermöglichte – zusammen mit der Hegelschen Dialektik und zugleich gegen sie gerichtet – die Kritik der politischen Ökonomie zu entfalten.
Wenn die neueste Ideologie der Linken wie der Rechten, in Frankreich wie in Deutschland, vielfach das Heideggersche „Sein“ und den Carl Schmitt’schen „Begriff des Politischen“ an die Stelle von Substanz und Souveränität setzt (Agamben, Badiou, Mouffe…), ist es mit jener ‚Dialektik des Politischen‘ auf dem Boden der klassischen Metaphysik und Aufklärung nicht mehr getan. Dem heutigen Triumph Heideggers und Schmitts zu widersprechen, geht es im zweiten Teil des Buchs: Jean-Paul Sartres „Engagement gegen den Tod“ und Jean Amérys Appell, den Leib zu „substantiieren“ (wie das Manfred Dahlmann jüngst ausgedrückt hat), bedeuten einerseits Annäherung an die entscheidenden Fragen einer Philosophie nach Auschwitz – gerade auch, was die Frage des Souveräns betrifft. Andererseits verkehrte sich bei beiden regelmäßig die kritische Intention, sobald man den Gegenstand des Engagements mit der politischen Linken teilen und also Politik machen wollte. Dass sie vielmehr zu sabotieren sei, hat allerdings Améry – ohne sich dessen unbedingt bewusst zu sein – in seiner Parteinahme für Israel vorgeführt wie kaum ein anderer. Der von Adorno formulierte kategorische Imperativ, der zugleich das Politische als „Stand der Unfreiheit“ begreift, erweist sich als die einzige Möglichkeit, dieser Sabotage auf den Grund zu gehen. Hier spannt sich aber auch der Bogen zum ersten Teil des Buchs zurück: Aus der Kritik an Spinozas Substanzbegriff lässt sich keine Kritik an Heideggers Sein zum Tode entwickeln, so wie auch der Gegensatz zwischen der Vernunft als Selbsterhaltung, die in der Dialektik der Aufklärung kritisiert wird, und der Vernichtung um der Vernichtung willen, die das Selbstopfer einschließt, dialektischer Vermittlung nicht mehr zugänglich ist, sondern zur Intervention nötigt. Davon legt jener Imperativ Zeugnis ab. Nur wer sich dabei jedoch die eigene Ohnmacht immer wieder eingesteht, die im notwendigen Engagement gegen den Antisemitismus so fatal wie nirgendwo hervortritt – spätestens dann, wenn der eben erst bezwungene Antisemit in neuer Gestalt wiederaufersteht –, wird auch die antisemitische bzw. antizionistische Gewalt nicht unterschätzen. (Diese Unterschätzung ist das Merkmal aller liberalen Anstrengungen, die Antisemiten zurückzudrängen.)

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