Leserbriefe zur Rezension

Bits of philosophic history repeated

Michael Tomasello erläutert „Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation“

Von Willem Warnecke


Ingeborg Gollwitzer schrieb uns am 20.01.2010
Thema: Willem Warnecke: Bits of philosophic history repeated

Schon an den vielen 'Reklamationen' in dieser Rezension kann man sehen, dass es gefählich sein kann, wenn ein Autor sich aus einem riesigen Komplex ein schmales Stück herausschneidet, um es genauer zu betrachten.
Auch nach meiner Kenntnis haben sich vor allem Linguisten über dieses Buch beschwert. Nach meiner Lektüre dieses Buches (ich habe nur die dt. Fassung gelesen, bei der ich gelegentlich Bedenken hinsichtlich der Übersetzung hatte) habe ich Tomasello so verstanden, dass es ihm in erster Linie auf rein praktische Versuche ankam, um  daran verstehen zu lernen, wie Kommunikation grundsätzlich entsteht, wobei er, meiner Überlegung nach, der Deutung von Sprache bzw. dem menschlichen Sprechen, geschickt aus dem Wege geht.
Hier sehe ich auch die Schwierigkeit, von der Tomasello stand (bzw. auch tatsächlich steht): Wenn er aufgrund einfacher Versuche zu verstehen versucht, auf welche Weise Kommuniaktion überhaupt einmal entstanden sein kann und vermutlich auch ist, nimmt die menschliche Kommunikation = menschliche Sprache eine Sonderstellung ein, die schon aufgrund körperlicher Eigenschaften anders als die, um beim einfachen Beispiel zu bleiben, der Primaten entstanden ist. Die Schwierigkeit entsteht für Tomaselli dann, wenn er, vom einen, praktisch erprobbaren Unterschied Affe/Mensch hin zum Menschen kommt, sich einem gewaltigen Gebirge von Sprachtheorien gegenübersieht: ein Kontinent für sich.
Im übrigen wird - weil sie bislang noch nie befriedigend untersucht worden ist - die Kommunikation Mensch/Hund nur gestreift. Sie liegt, mit der Kommunikation Affe/Mensch verglichen, auf einer ganz anderen Ebene. Ein mehr als reizvoller, weißer Fleck, übrigens.
Vielleicht wäre die Kritik mit Tomaselli nicht derart streng umgegangen, wenn er sich nicht mit einem nur kleinen Schritt auf den anderen Kontinent begeben hätte.
Trotzdem ist sein Buch eine reizvolle Lektüre, eben, weil es sich überwiegend mit sehr einfachen Grundüberlegungen beschäftigt.

Nun ja, Evolution steht derzeit wieder hoch im Kurs. Sie lässt sich als bis heute fortwirkender Prozess auch von niemenden verleugnen oder gar überspringen. das gilt auch für das Individuum Tomasello, der mit ziemlicher Sicherheit auch nicht auf dem derzeitigen Stand seiner Lebensskala verharren wird.

Ingeborg Gollwitzer


Arne Reiser schrieb uns am 03.05.2012
Thema: Willem Warnecke: Bits of philosophic history repeated

Der Schlusssatz, Tomasello wirke neobehavioristischen Tendenzen in der Forschung entgegen, verwirrt mich sehr. Es ist doch offensichtlich, dass Tomasello selbst dem Neobehaviorismus zuzuordnen ist. Vertritt Herr Warnecke eine andere Meinung?

Nebenbei erwähnt: Der Artikel liest sich gar nicht gut: Satzbomben, die mindestens zweimal gelesen werden müssen. Zwar mag dies (inhaltlich bedingt) an dem Bemühen des Autors liegen, einige interessante Gegenargumente anzuführen, die im (philosophischen) Kontext kompliziert erscheinen. Dennoch kann man vieles in jedem Fall auch einfacher und klarer formulieren, wenn man möchte, dass auch (philosophische) Laien etwas verstehen können.