Leserbriefe zur Rezension

Zivilisierte Gewalt tut not

Anmerkungen zum soziologischen Verständnis von Gewalt

Von Dirk Kaesler


Christoph Coen schrieb uns am 10.01.2012
Thema: Dirk Kaesler: Zivilisierte Gewalt tut not

Der Aufsatz enthält ein paar sachliche Fehler, was die Rechtslage in Deutschland betrifft:

Vergewaltigung in der Ehe ist als solche bereits seit April 1998 strafbar. Zuvor war sie auch schon strafbar, allerdings nur als Nötigung; dabei handelt es sich freilich auch um ein "Offizialdelikt".

Das Gewaltschutzgesetz ist nicht § 1 des Gesetzes zum zivilrechtlichen Schutz gegen Gewalttaten und Nachstellungen, sondern mit diesem Gesetz identisch: "Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz gegen Gewalttaten und Nachstellungen" ist der Langtitel, "Gewaltschutzgesetz" der Kurztitel. Wie schon der Begriff "zivilrechtlich" erkennen lässt, hat dieses Gesetz nur am Rande mit Strafrecht zu tun und taugt daher bereits aus diesem Grund nicht als Beleg für die ohnehin schiefe Behauptung, der "vormals quasi rechtsfreie Raum der Familie" sei "mittlerweile durch die Strafgerichte domestiziert".

Merkwürdig ist demgegenüber, dass der Autor das im November 2000 eingeführte komplette Verbot körperlicher Bestrafungen im Rahmen der Erziehung (§ 1631 Abs. 2 BGB) unerwähnt lässt. Angesichts der langen und breiten Akzeptanz des sogenannten "Züchtigungsrechts" handelt es sich hierbei um eine durchaus einschneidende Änderung, deren Bedeutung in vielen Köpfen aber wohl noch nicht angekommen ist.


Franz Siepe schrieb uns am 11.01.2012 als Antwort auf einen Leserbrief
Thema: Re: Dirk Kaesler: Zivilisierte Gewalt tut not

Man hat Christoph Coen für seine Richtigstellungen bezüglich der jüngeren deutschen Rechtsgeschichte sehr zu danken, zumal die von ihm monierten Falschbehauptungen geeignet sind, eine weithin verbreitete Ansicht zu bekräftigen, derzufolge das bürgerliche Traditionsgut Familie in den Zeiten vor seiner postmodernen Dekonstruktion, vulgo Zerrüttung, eine Einrichtung zum Zweck der Legalisierung von Unterdrückung und Gewalt gewesen sei.