Leserbriefe zur Rezension

Er konnte nicht mehr

Prosa aus dem Nachlass von Wolfgang Koeppen "Auf dem Phantasieroß"

Von Oliver Jahn


Sahbi Thabet schrieb uns am 08.12.1999
Thema: Oliver Jahn: Er konnte nicht mehr

Wolfgang Koeppen war ein höchst individuell-privatistisch motivierter
Schriftsteller. Man verstehe dies bitte nicht falsch. Nach dem Erscheinen
seiner bekannten Roman-Trilogie, und bis zu seinem Tode, hat er eigentlich
nichts mehr hinzugefügt. Die Reise-Bücher und "Jugend" waren für unseren
Autor lediglich ein Versuch, die finanzielle Not ein Stückchen von sich zu
weisen.  Die Reich-Ranickis ("Der Fall Koeppen") und die anderen Kritiker
haben ihn meist missverstanden. Koeppen hatte nichts mehr zu sagen, weil er,
nach dem Erscheinen des Romans "Der Tod in Rom", sich nicht mehr
herausgefordert fühlte. Die Sorge einer nach Neuveröffentlichungen
haschenden Kritik-Elite ("Weshalb schweigt Koeppen?") war niemals sein
Problem. Nachdem er alles bereits gesagt und den Gipfel seiner
Erzählpyramide erreicht hatte, fiel ihm nichts mehr ein. Er verharrte in
der Kälte dieser Höhe und ging das Risiko ein, sich für einen lauwarmen
bundesrepublikanischen Wohlstands-Literaturbetrieb nicht mehr zu
interessieren.