Leserbriefe zur Rezension

Zeugnis, Empathie, Trauer

Kritische Notizen zu Literatur über den türkischen Genozid an den Armeniern

Von Norbert Mecklenburg


Penyamin Ehmalian schrieb uns am 25.04.2015
Thema: Norbert Mecklenburg: Zeugnis, Empathie, Trauer

An Herrn Norbert Mecklenburg,
es ist immer das gleiche Spiel von denjenigen, die denken, sie können über uns Armeniern Begriffe erfinden über unseren Köpfen hinaus. Was bedeutet den Aghet-Literatur? Es gibt für uns kein Aghet-Literatur oder Aghet-Thema.
Aghet bedeutet "Katastrophe", darunter sind auch Naturkatastrophen zu verstehen. Die Überlebenden des Völkermords nannten - weil es damals das Begriff Genozid nicht gab -  den Völkermord von 1915 "Medz Yeghern" und das bedeutet "Große Verbrechen". Ein Verbrechen geschieht immer durch Menschenhand.
Irgendwann vor Jahren benutzte auch der U.S. Präsident Obama den Begriff "Medz Yeghern" und die türkischen Journalisten der armenischen Wochenzeitung "Agos" in Istanbul übersetzten es auf türkisch als "Büyük Felaket - Große Katastophe". Jahre danach lief ein Dokumentation im deutschen Fernsehen mit dem Titel "Aghet - Ein Völkermord". Ich begreife nicht was das alles sein soll? Und Sie, Herr Mecklenburg, denken wohl auch, ohne sich darüber gründlich zu informieren, dürfen Sie Begriffe benutzen wie es Ihnen beliebt. Im westlichen Welt sitzt ja schon seit jahrhunderten  die Gedanke fest, dass man  mit den Armeniern tun kann was man will.
In Ihrem Artikel sind viele falsche Informationen vorhanden: Diran Balakian war zu keiner Zeit der Großvater von Peter Balakian, der hieß nämlich Grigoris Balakian und wurde 1915 selber deportiert. Sein in armenisch verfasstes Buch "Armenische Golgotha", wobei er als deportierte seine Erlebnisse zu Papier brachte, ist meiner Überzeugung nach einer der besten über den Medz Yeghern. Es ist ein Meisterwerk, es ist herzzerreißend. In Ihrem Artikel meinen Sie wohl den Diran Kelekian, er war ein Arzt, Grigoris Balakian war ein Geistlicher.
Über mein Buch schreiben Sie dass es oberflächlich, künstlich und durch Geschwätzigkeit umfangreicher autobiografischer Migrationsroman ist. Ihrer nicht zutreffenden Meinung aller Ehren. Doch, Sie schreiben ja selber, dass es ein Migrationsroman ist, und das stimmt. Es ist auch ein Liebesroman und ein Roman gegen Rassismus, das ich am eigenen Leib im türkischen Militär erlebt habe. Sie haben mein Buch wahrscheinlich nicht durchgelesen.Ich habe darin den Völkermord im zusammenhang mit den weltpolitischen Ereignissen erwähnt. Ich könnte ausführlicher schreiben, es sind über dieses Thema viele Artikel von mir veröffentlicht worden, doch das war nicht das alleinige Thema des Buches. Dass Sie aber mein autobiografischer Roman als "geschwätzig" bezeichnen, überzeugt mich davon, dass ihre ganze Artikel geschwätzig ist und dass Sie denken, sich Ihrer akademischen Titel versteckend,alles erlauben dürfen.
Ihre ganze Artikel ist darüber hinaus heuchlerisch, doppelmoralisch, literarisch nichts Wert für mich. Und der Gipfel ist, dass Sie am Schluss schreiben: "Dass allein durch diesen Gestus Literatur, die zum Aghet-Gedenken beiträgt, humanes Gewicht erhält, ist die Überzeugung, die dem vorligenden Essay zugrunde liegt."
Darüber lachen selbst die Hühner und ich erlaube Ihnen, mich über mein Grammatik und Rechtschreibung auszulachen. Glauben Sie mir, alles was Sie denken und schreiben interresiert mich nicht im geringsten.

Penyamin Ehmalian


Norbert Mecklenburg schrieb uns am 26.04.2015 als Antwort auf einen Leserbrief
Thema: Re: Norbert Mecklenburg: Zeugnis, Empathie, Trauer

Die Wut des Briefschreibers, dessen Buch ich negativ bewertet habe, ist verständlich. Seine beiden sachbezogenen Hinweise sind aber falsch: 1. 'Aghet' bzw. 'Aghed' wird auch von namhaften Forschern wie Marc Nichanian ("Writers of Disaster"), den ich in meinem Essay erwähne, verwendet. 2. Seine Behauptungen über die Balakians sind falsch. Um das einzusehen, hätte er nur Peter Balakians "Black Dog of Fate" lesen müssen.