Leserbriefe zur Rezension

Dante und Heidegger

Zur Juni-Ausgabe von literaturkritik.de. Mit Anmerkungen zur Situation wissenschaftlicher Mitarbeiter an deutschen Universitäten und unserer Zeitschrift – aus gegebenem Anlass

Von Thomas Anz


Prof. Dr. Norbert Mecklenburg schrieb uns am 14.06.2015
Thema: Thomas Anz: Dante und Heidegger

Bestürzt und – über unsere Hochschulgermanisten-Zunft – beschämt lese ich die Mitteilung von Thomas Anz, Jan Süselbeck, ein Jahrzehnt lang, als Nachfolger von Lutz Hagestedt, der es vom Verlagslektor zum Ordinarius geschafft hat, Redaktionsleiter von „literaturkritik.de“, promovierter und habilitierter Germanist, in seiner Wissenschaftler-Generation ein herausragender produktiver und kritischer Kopf, sei seit einem Monat „arbeitslos“. Was kann einer mehr tun, um eine gesicherte akademische Stelle an einer deutschen Uni zu erhalten, als eine glänzende Diss über Arno Schmidt, eine bahnbrechende literatur- und medienwissenschaftliche Habilschrift über Kriegsdarstellung zu schreiben, Bücher über literarische Topographien der Gegenwart, Generationengeschichte im Spiegel der  modernen Literatur herauszugeben, zahlreiche philologische und 350 (!) literaturkritische Aufsätze zu publizieren? Thomas Anz macht dafür eine „unverantwortliche Personalpolitik an deutschen Hochschulen“ verantwortlich. Es könnte noch hinzukommen, dass die Mentalität vieler derzeitig über Nachwuchsstellen verfügender Germanisten nicht gerade dem entgegenkommt, was Jan Süselbeck vorbildlich wie wenige andere repräsentiert: Germanistik nicht als „Wissenschaft des nicht Wissenswerten“, als philologischer Elfenbeinturm oder akademisches Karrierefeld, sondern als öffentliche, eingreifende Wissenschaft, die ein praktisches und kritisches Erkenntnisinteresse verantwortlich wahrnimmt. Es wäre zu wünschen, dass diejenigen unter unseren KollegInnen, die sich solch ein Erkenntnisinteresse nicht haben wegmachen lassen, verantwortlich und solidarisch darum bemühten, Jan Süselbeck der Uni-Germanistik zu erhalten.