Leserbriefe zur Rezension

Bleibt Freud schlechter ediert als Hitler oder Heidegger?

Zu den ersten Bänden der von Christfried Tögel herausgegebenen Gesamtausgabe

Von Thomas Anz


Christfried Tögel schrieb uns am 13.06.2016
Thema: Thomas Anz: Bleibt Freud schlechter ediert als Hitler oder Heidegger?

Ja, Freud bliebt schlechter ediert als Hitler oder Heidegger und auch als die meisten großen Denker der letzten 200 jahre - jedenfalls die Texte der von mir im Psychosozial-Verlag (Gießen) herausgegebene Sigmund-Freud-Gesamtausgabe (SFG).

Der Grund: Auch mehr als 80 Jahre, nachdem die Nazis in Deutschland Freuds Bücher verbrannt haben, hat es bisher niemand fertig gebracht Freuds Gesamtwerk zugänglich zu machen (nur die digital vorliegende Ausgabe von „Freud im Kontext“ hat das versucht – allerdings ohne die zu Freuds Lebzeiten erschienenen z.T. stark veränderten Nachauflagen und nur mit einem Teil der Rezensionen). Die SFG hat nicht den Anspruch, eine historisch-kritische Gesamtausgabe zu sein. Sie ist lediglich eine Leseedition mit Einführungstexten zum biographischen und wissenschaftshistorischen Hintergrund des jeweiligen Textes.

In einer Rezension von Michael Hagner in der FAZ  vom 8.1.2016 wird der Ausgabe genau das zum Vorwurf gemacht, nämlich daß sie eine „Access-Mentalität“ und die „ungehinderte Zugänglichkeit von Texten über deren editorische Aufbereitung stellt.“ Aber das ist das Programm der SFG. Die „editorische Aufarbeitung“ bleibt einer – weiterhin dringend notwendigen – historisch-kritischen Gesamtausgabe vorbehalten.

Christfried Tögel (Herausgeber der Sigmund-Freud-Gesamtausgabe, SFG)