Leserbriefe zur Rezension

Leben in einem zerstörerischen Zeitalter

Heinrich Mann zum 150. Geburtstag

Von Günther Rüther


Klaus Müller-Salget schrieb uns am 09.03.2021
Thema: Günther Rüther: Leben in einem zerstörerischen Zeitalter

Dass Heinrich Mann das Angebot, in (Ost-)Berlin Präsident der Akademie der Künste zu werden, schließlich nicht angenommen habe, ist mir neu. Nach Behebung etlicher Pass-Probleme schrieb er am 28. Februar 1950 an Arnold Zweig: "Das polnische Schiff Batory soll am 28. April  in Gdynia ankommen." (Klaus Schröters Rowohlt-Monographie, S. 163). Dass er am 12. März gestorben ist, verhinderte die Reise. - Gibt es neuere Quellen, die dem widersprechen?


Günther Rüther schrieb uns am 31.03.2021 als Antwort auf einen Leserbrief
Thema: Re: Günther Rüther: Leben in einem zerstörerischen Zeitalter

Heinrich Mann hatte bereits am 10. Oktober 1949 eine Passage mit der Batori fest eingeplant. Paul Wandel ließ zu diesem Zweck sogar das Reisegeld anweisen. Das Schiff fuhr ohne ihn. Er fühlte sich unpässlich. Dann zog er in Erwägung, mit dem Flugzeug über die Bundesrepublik in die DDR zu gelangen. Der Plan zerschlug sich. Mit der Batori wurde im April erneut geplant.
Die SED Funktionäre hatten ein großes politisches Interesse daran, zu behaupten, dass Heinrich Mann gerne in die DDR gekommen wäre. Sie hielten auch nach seinem Tod an dieser Annahme fest. Meines Erachtens handelt es sich dabei um eine Legende. Der Bonner Republik kam sie gelegen, weil es ihr Bild vom Kommunisten Heinrich Mann bestätigte. Nach meiner festen Überzeugung hielten Walter Ulbricht, dieses „vertrackte Parteigehirn“ wie Heinrich Mann ihn nannte, und die Gründung der DDR ihn von der Reise ab. Sein Bruder Thomas notierte: „Will sich nicht ´verkaufen´ etc. Will also nicht reisen und möge bleiben.“ So wird es wohl gewesen sein. Heinrich Mann war ein Träumer, ein Idealist. Aber er war Realist genug, um zu wissen, was ihn in der DDR erwartete. Er war über die Vorgänge dort bestens informiert. In einer Diktatur wollte er seinen Lebensabend nicht verbringen, noch weniger wollte er ihr Aushängeschild sein und ihr zur Ehre gereichen.