Leserbriefe zur Rezension

Aber was ist Europa?

Der Österreicher Karl Markus Gauß buchstabiert Europa aus neuer Sicht

Von Claude D. Conter


Vasile V. Poenaru schrieb uns am 01.04.2001
Thema: Claude D. Conter: Aber was ist Europa?

Sehr geehrter Herr Conter,
Sie schreiben, dass "Das europäische Alphabet" mit einer ganzen Reihe
von Büchern ("Encyclopedia of the European Union" (2000), "Europa von A-Z"
(2000), "Europa-Handbuch" (1999). Handbücher zu Europa gibt es bereits: "Das
gemeinsame Haus Europa. Handbuch zur europäischen Kulturgeschichte" (1999))
nicht vergleichbar sei, denen Sie in diesem Zusammenhang offensichtlich
Relevanz beimessen. Dass vom Autor eine Anlehnung an diese Werke intendiert
oder beansprucht wird, geht aus seinem Buch nicht hervor. Es gibt bestimmt
auch viele Atlanten oder Kochbücher europäischer Rezepte, mit denen "Das
europäische Alphabet" nicht vergleichbar ist. Ich aber würde kaum so weit
gehen, daraus gleich den Schluss zu ziehen, dass ein rapides Werturteil
auf dieser fraglichen Grundlage gerechtfertigt sei. Sie fordern von Gauss, ein
anständig dünkendes Ausmaß an Minimalwissen über Europas Geschichte und
Gegenwart im Sinne eines Nachschlagewerkes zu liefern, und scheinen sich
über die Neuauflage seines Buches insofern zu wundern, als es diesem Ihren
Anspruch nicht genuegt. Es stellt höchstens ein alternatives Alphabet dar,
klagen sie, wobei die Anwendung des in diesem Zusammenhang abtönenden
Attributs "höchstens" den Gedanken nahe legt, dass ein alternatives
Alphabet wohl an sich prinzipiell zu verfemen sei, was ich als
Kulturkonsument bezweifle. Schliesslich handelt es sich ja um eine
Sammlung von Essays, die Fragen stellen und zum Nachdenken anregen, und nicht etwa
um ein technisches Handbuch voller normativer Anordnungen.
Sie verwenden in Ihrer Kritik den Begriff "stänkern", um das zu
beschreiben, was der Autor Ihrer Meinung nach bewerkstelligt. Bestimmt gibt
es in der Literaturwissenschaft angebrachtere Ausdrucksmöglichkeiten der
abwertenden Einstellung eines Literaturkritikers zu einem Text.
Hochachtungsvoll, Vasile V. Poenaru, Toronto