Leserbriefe zur Rezension

Ein Schriftsteller, der am Lieben, Leben und am Schreiben scheitert

Rudolph J. Wojta behandelt in seinem Roman „Zerfall der Lage“ die sexuellen Repressionen eines Schriftstellers in den 1930er Jahren

Von Rafael Hähn


Karl-Josef Müller schrieb uns am 24.03.2025
Thema: Rafael Hähn: Ein Schriftsteller, der am Lieben, Leben und am Schreiben scheitert

Sehr geehrter Herr Hähn,
Glückwunsch zu Ihrer schönen, gut lesbaren Rezension. Allerdings denke ich, dass die Bezüge in Sachen Doderer vielleicht noch deutlicher in dem von Ihnen besprochenen Roman zum Tragen kommen. Schließlich sollte Doderers Text Die Dämonen ursprünglich Dicke Damen lauten:
"Seit Ende 1929 arbeitete Doderer an einem Romanprojekt unter dem Titel Dicke Damen, das nach einigen Jahren in Die Dämonen der Ostmark umbenannt wurde. In seinem Aufnahmeersuchen von 1936 an die Reichsschrifttumskammer beschreibt Doderer sein großes Romanprojekt unter anderem als Darstellung der „zerreißenden Naht“ (zwischen Juden und Nichtjuden), die sich (zu Ende der zwanziger Jahre) durch die Wiener Gesellschaft gezogen habe und die der Autor „schon infolge der Reinheit seines Blutes allüberall spürte“."
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_D%C3%A4monen_(Doderer)
Dazu noch ein Doderer-Zitat, das Eva Menasse ihrem lesenswerten Bildband Heimito von Doderer. Leben in Bildern voranstellt:
"Wenn ich mich frage, was ich denn eigentlich und wirklich haben möchte und mir wünsche: so wäre es - viel Geld, um in einer Folge schwerster sexueller Excesse, sinnloser Saufereien und dementsprechender Gewalthändel endlich und endgültig unterzugehen. Statt dessen hab' ich das weitaus gewagtere Abenteuer der Tugend gewählt."
Doderer zu lesen, das ist, wie Sie formulieren ein "Vergnügen für Leser*innen, die an einem originellen Sprachgebrauch Gefallen finden". Mit dem Vorteil, dass man länger was davon hat, denn Doderer hat sich mit 130 Seiten nicht begnügt: Die Dämonen 1360 Seiten, Die Strudelhofstiege 912 Seiten. Zur Einstimmung empfehle ich das genannte Buch von Eva Menasse.
Mit besten Grüßen
Ihr
Karl-Josef Müller