Leserbriefe zur Rezension

Ein Lehrer im Land seiner Möglichkeiten

Pascal Merciers Roman "Nachtzug nach Lissabon"

Von Monika Münch


Hagen Enke schrieb uns am 19.07.2008
Thema: Monika Münch: Ein Lehrer im Land seiner Möglichkeiten

Der Autor ist Philosophiedozent und ich bin dennoch so vorurteilsfrei und gerecht wie möglich an die Lektüre herangegangen und zu Beginn liest es sich flüssig und man erhofft sich einiges. Und ganz sicher findet man schöne Stellen, interessante Gedanken und elegant-atmosphärische Schilderungen. Aber mal ganz ehrlich: Ein Lehrer, ein wenig langweilig vielleicht, aber blitzgescheit und auf seinem Fachgebiet so überlegen, dass selbst die Universitätsprofessoren Spundus vor ihm haben; eine schöne geheimnisvolle Frau, deren Suizid er verhindert; ein fernes exotisches Land mit ebenso exotisch anmutender Sprache – Portugal nämlich; der Selbstfindungsprozess eines alternden bürgerlichen Intellektuellen; die Suche nach einem Dichter, der natürlich enigmatisch und genial und politisch korrekt im Widerstand tätig war; lauter hilfsbereite und ebenso geheimnisvolle Personen in Lissabon … ich könnte noch weiter aufzählen, aber ich will uns das ersparen. Ich will also ehrlich sein: Ich halte das für Edelkitsch allererster Güte, für den Selbstdarstellungstripp eines Philosophiedozenten, der darauf aus ist, (wohl zumeist weibliche) Proselyten zu machen. Ein Blick in die beiden anderen mir zugänglichen Bücher – „Perlmanns Schweigen“ und „Der Klavierstimmer“ - scheint mein Urteil zu bestätigen.