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Autoren : Frenkel, Françoise

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Frymeta Idesa Frenkel, die sich später Françoise nennt, wird am 14. Juli 1889 in Piotrków in der Nähe von Lódz (Russisches Kaiserreich) in eine polnische jüdische Familie geboren. Bereits früh reist sie nach Berlin und Leipzig, wo sie beim Komponisten Xaver Scharwenka und an der Université féminine de Leipzig studiert. Etwa von 1912 bis 1918 setzt sie ihre Studien in Literaturwissenschaften in Paris fort, wo sie auch promoviert. Bibliotheken werden für sie zu wichtigen Orten. Wegweisend dürfte auch die Arbeit als Praktikantin bei einem Buchhändler in der rue Gay-Lassac gewesen sein – sie beschließt, Buchhändlerin zu werden, und zwar in Berlin. 1921 eröffnet sie gemeinsam mit ihrem Mann Simon Raichenstein «La Maison du Livre français», die erste französische Buchhandlung in Berlin, erst in der Kleiststraße, später ziehen sie um an die Passauser Straße. Die Buchhandlung erreicht dank ihrer ausgezeichneten Lage wichtige Teile ihrer überwiegend weiblichen Kundschaft aus Polen, der Tschechoslowakei, der Türkei, aus Norwegen, Schweden und Österreich. Erst nach und nach finden auch Leserinnen aus Frankreich und aus Deutschland den Weg in die «Maison», die sich zu einem kulturell-gesellschaftlichen Zentrum mit Lesungen, Sprachkursen und deutsch-französischen Bällen entwickelt. Simon Raichenstein, ein Jude russischer Herkunft, geht bereits 1933 nach dem Machantritt der Nationalsozialisten nach Paris ins Exil. Der Druck auf Françoise Frenkel nimmt zu, ab 1935 wird es immer schwieriger, den Laden zu halten. In der «Reichskristallnacht» bleibt ihre Buchhandlung zwar wie durch einen glücklichen Zufall verschont, doch realisiert Frenkel definitiv, dass sie nicht bleiben kann. Fast im letzten Moment verlässt sie Berlin im Juli 1939 (andere Quellen sprechen davon, dass sie erst im August abgereist sei) mit einem Sonderzug der französischen Botschaft nach Paris. Nach neun Monaten in Paris flieht Françoise Frenkel über Avignon nach Nizza, weitere Stationen sind Annecy und Grenoble. Zweimal wird sie beim Versuch, die Grenze in die Schweiz zu überqueren, von der französischen Gendarmerie verhaftet und inhaftiert, erst beim dritten Mal gelingt ihr die Flucht im Sommer 1943. Unmittelbar danach schreibt sie am Vierwaldstättersee ihre Geschichte auf. «Rien où poser sa tête» erscheint 1945 im kleinen Verleg Jeheber in Genf. Ihr Mann bleibt in den Aufzeichnungen unerwähnt, vorstellbar ist, dass Françoise Frenkel ihn nicht gefährden wollte. Er gerät in Paris in eine Razzia, wird nach Auschwitz transportiert und 1942 dort ermordet. Françoise Frenkel kehrt nach Kriegsende zurück nach Nizza, wo sie 1975 stirbt.
«Rien où poser sa tête» gerät rasch in Vergessenheit. Erst sechzig Jahre später wird das Buch vom Schriftsteller Michel Francesconi auf einem Flohmarkt in Nizza wieder entdeckt und 2015 bei Gallimard mit einem Vorwort von Patrick Modiano neu herausgegeben. 2016 erscheint die deutsche Übersetzung. Leserinnen und Leser erhalten Einblicke in das Berlin der Zwischenkriegszeit, und sie lesen einen Bericht über Flucht und Verfolgung im besetzten Frankreich – aus weiblicher Perspektive.

L.S.

Angaben nach Wikipedia und literaryfield, Mai 2017

Artikel über Frenkel in literaturkritik.de:

Ein Erzählen, das unter die Haut geht.
Françoise Frenkels Fluchtbericht
Von Liliane Studer
Ausgabe 06-2017




Aktualisiert am 2017-05-15 12:09:56
 
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