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"Lassen Sie mir so lange als möglich die Ehre als Verfasser der Agnes zu gelten." (Goethe an Schiller am 7.12.1796)

Das Buch erscheint Mitte April 2005.
 

 

Zum Inhalt

Jetzt neu zu entdecken: ein heute fast vergessener Liebes- und Erfolgsroman aus dem kulturellen Milieu der Weimarer Klassik, geheimnisvoll, spannend und schön! Und ein ungemein aufschlussreiches Dokument seiner Zeit, ihrer Zwänge und Ängste, ihrer Sehnsüchte und ihres Begehrens nach Freiheit. Autorin ist Friedrich Schillers Schwägerin Caroline von Wolzogen, geborene von Lengefeld, die Schwester seiner Frau Charlotte. Sie liebte ihn, und er sie. Auch davon erzählt der Roman - in der verschlüsselten Logik einer traumhaften Phantasie. Schiller hat an ihm mitgearbeitet und den ersten Teil in seiner Zeitschrift "Die Horen" veröffentlicht. Anonym. Einige, so die Brüder Schlegel, glaubten, Goethe sei der Autor. Manche Ähnlichhkeiten mit seinem kurz zuvor erschienen "Wilhelm Meister" waren unverkennbar. Als das Rätsel, an dem ganz Weimar mitriet, sich löste, machte der Roman Caroline von Wolzogen zu einer berühmten Frau. Goethe kritisierte an ihm einen Mangel an künstlerischer Bearbeitung, zeigte sich jedoch nach der Lektüre mit "Erstaunen" von dem Talent der Autorin begeistert. Er räumte ein, "daß eine solche Natur, wenn sie einer Kunstbildung fähig gewesen wäre, etwas Unvergleichliches hätte hervorbringen können." Ob die Autorin mit diesem Roman nicht doch etwas Unvergleichliches hervorgebracht hat, kann man jetzt überprüfen. Schon damals sahen das viele anders als Goethe. Zum Beispiel seine Mutter. Ihr hatte Christiane Vulpius im Auftrag des Sohnes den Roman zugeschickt, und sie bedankte sich mit den Worten: "0! lassen Sie dieser trefflichen Frau meinen besten Dank für dieses herrliche Produkt kund und zu wissen tun."

Wilhelm von Humboldt über "Agnes von Lilien":
Wem solche Schilderungen der innern Gestalt der Seele, solche feine Zergliederungen ihrer geheimsten Seiten werth sind, wer vorzugsweise die Werke aufsucht, die sie ihm darbieten, dem wird Agnes von Li1ien eine wohlthätige Erscheinung seyn. [...] Nie hat vielleicht dem Sinne des Dichters das Bild eines so vollendeten, harmonischen, zartgewebten Wesens vorgeschwebt, nie ist es vielleicht einem gelungen, durch den Zauber einer wunderbar ergreifenden, selbstgeschafnen Sprache, jenen unerklärbaren Regungen des Herzens Ton und Gestalt zu geben, für „deren bewegliche Flut“, nach Agnes eignem Geständniss, „selbst das Gedächtniss keine Zeichen besitzt, und mit denen nur das geheimnissvolle Wesen der Musik noch einigermassen vertraut ist.“

Friedrich Schlegel: Der bedeutendste und anziehendste Aufsatz unter allen originaldeutschen, die seit geraumer Zeit in den HOREN gestanden haben, ist wohl Agnes von Lilien.

 

Die Autorin

Caroline von Wolzogen, geborene von Lengefeld, kam als Tochter des Rudolstädter Oberforstmeisters Carl Christoph von Lengefeld und seiner Frau Louise am 3. Februar 1763 zur Welt. Sie und ihre dreieinhalb Jahre jüngere Schwester Charlotte wuchsen in einem Erziehungsmilieu auf, das schon früh ihre literarische und kulturelle Bildung förderte. Der Vater starb 1775 an den Spätfolgen eines Schlaganfalls. Unter dem Diktat ökonomischer Not wurde die Verbindung Carolines mit dem elf Jahre älteren Legationsrat Friedrich Wilhelm Ludwig von Beulwitz in die Wege geleitet, der nach der Verlobung für den Unterhalt der Familie Lengefeld sorgte. Die 1785 geschlossene Ehe hielt nur fünf Jahre lang. 1790 trennte sich das Paar, im August 1794 wurde es offiziell geschieden, im September heiratete Caroline Schillers Jugendfreund Wilhelm von Wolzogen, der in Weimar als Kammerherr angestellt war. Nach dem Tod Schillers, ihres Mannes, ihrer Schwester und ihres einzigen Sohnes zog sie sich aus dem gesellschaftlichen Leben Weimars zurück und wohnte ab 1825 in Jena. Dort starb sie am 11. Januar 1847, im Alter von fast 84 Jahren.

In den 1780er Jahren veröffentlichte sie in der von Sophie von La Roche herausgegebenen Zeitschrift "Pomona, für Teutschlands Töchter" anonym ihre ersten Erzählungen. Der erste Teil ihres Romans "Agnes von Lilien" erschien zwischen Oktober 1796 und Mai 1797 in vier Heften von Schillers "Horen", zusammen mit dem zweiten Teil dann im Herbst 1797 (auf 1798 vordatiert) in dem Berliner Verlag Johann Friedrich Unger (in zwei Bänden, 430 und 390 Seiten). Der Roman wurde durch mehrere Raubdrucke (1798 und 1800) verbreitet und 1802 ins Französische übersetzt. 1826/27 erschien in zwei Bänden eine Sammlung von Erzählungen, die vorher in verschiedenen Zeitschriften publiziert worden waren, 1830 ihre viele Jahre lang vorbereitete Darstellung "Schillers Leben", 1840 der autobiographische Roman "Cordelia". Ihre Lyrik wollte die Autorin nie veröffentlichen. Sie erschien erst nach ihrem Tod im Rahmen des literarischen Nachlasses, der 1848 und 1849 herausgegeben wurde. Als Reprographien erscheinen seit 1988 im Verlag Georg Olms, herausgegeben von Peter Boerner, in unregelmäßiger Folge Caroline von Wolzogens "Gesammelte Schriften".

 

Goethes-Schiller-Briefwechsel über "Agnes von Lilien"

Schiller an Goethe am 6. Dezember 1796

Mit der Agnes von Lilien werden wir, scheint es, viel Glück machen; denn alle Stimmen, die ich hier darüber hören konnte, haben sich dafür erklärt. Sollten Sie es aber denken, daß unsre großen hiesigen Kritiker, die Schlegels, nicht einen Augenblick daran gezweifelt, daß das Product von Ihnen sei? Ja die Madame Schlegel meinte, daß Sie noch keinen so reinen und vollkommenen weiblichen Charakter erschaffen hätten, und sie gesteht, daß ihr Begriff von Ihnen sich durch dieses Product noch mehr erweitert habe. Einige scheinen ganz anders davon erbaut zu sein, als von dem vierten Bande des Meister. Ich habe mich bis jetzt nicht entschließen können, diese selige Illusion zu zerstören.

Goethe an Schiller am 7. December 1796

Lassen Sie mir so lange als möglich die Ehre als Verfasser der Agnes zu gelten. Es ist recht schade, daß wir nicht in dunklern Zeiten leben; denn da würde die Nachwelt eine schöne Bibliothek unter meinem Namen aufzustellen haben. Neulich versicherte mich jemand er habe eine ansehnliche Wette verloren, weil er mich hartnäckig für den Verfasser des Herrn Starke gehalten.

Goethe an Schiller aus Frankfurt am 14. Aug. 1797

Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau und halten Sie unsere Agnes und Amalie ja recht werth. Man weiß nicht eher was man an solchen Naturen hat als bis man sich in der breiten Welt nach ähnlichen umsieht. Sie, mein Freund, haben die Gabe auch lehrend wirksam zu sein, die mir ganz versagt ist; diese beiden Schülerinnen werden gewiß noch manches Gute hervorbringen, wenn sie nur ihre Apperçus mittheilen und in Absicht auf Disposition des Ganzen etwas mehr von den Grundforderungen der Kunst einsehen lernen .

Goethe an Schiller am 3. Februar 1798

Ich habe auch diese Tage den zweiten Theil von Agnes von Lilien gelesen. Es ist recht schade daß diese Arbeit übereilt worden ist. Die summarische Manier, in der die Geschichte vorgetragen ist und die, gleichsam in einem springenden Tact, rhythmisch eintretenden Reflexionen lassen einen nicht einen Augenblick zur Behaglichkeit kommen und man wird hastig ohne Interesse. Dies sei zum Tadel der Ausführung gesagt, da die Anlage so schöne Situationen darbietet, die, mit einer Sodezz ausgeführt, eine unvergleichliche Wirkung thun müßten. Was das Naturell betrifft das dieses Werk überhaupt hervorgebracht, so erregt es immer noch Erstaunen, wenn man auch den Einfluß Ihres Umgangs auf die Entstehung und Ihrer Feder 7) auf die Vollbringung des Werks nicht verkennen kann. Freilich fällt die Absonderung für uns andere Leser schwer; aber ich glaube doch immer sagen zu dürfen: daß eine solche Natur wenn sie einer Kunstbildung fähig gewesen wäre etwas unvergleichliches hätte hervorbringen müssen. Meyer ist voller Verwunderung, der sich sonst nicht leicht verwundert. Und ich am Ende des Blatts grüße schönstens, wünsche den besten Fortgang Ihrer Arbeiten und sehe Ihrem Wallenstein, als einem aufgehäuften Schatze entgegen.

Schiller an Goethe am 6. Februar 1798

Sie scheinen mir auf das Produkt meiner Schwägerin einen größern Einfluß einzuräumen, als ich mir gerechterweise anmaßen kann. Plan und Ausführung sind völlig frei und ohne mein Zuthun entstanden. Bei derm ersten Theil habe ich gar nichts zu sprechen gehabt, und er war fertig, eh ich nur seine Existenz wußte. Bloß Dieses dankt er mir, daß ich ihn von den auffallenden Mängeln einer gewissen Manier in der Darstellung befreite, aber auch bloß solcher, die sich durch Wegstreichen nehmen ließen, daß ich durch Zusammenziehung des bedeutenden ihm eine gewisse Kraftlosigkeit genommen und einige weitläuftige und leere Episoden ganz herausgeworfen. Bei dem zweiten Theil war an nichts zu denken als an das Fertigwerden, und bei diesem habe ich nicht einmal mehr auf die Sprach Einfluß gehabt. Wie also der zweite Theil geschrieben ist, so kann meine Schwägerin völlig ohne fremde Beihülfe schreiben. Es ist wirklich nicht wenig, bei so wenig solider und zweckmäßiger Cultur, und bloß vermittelst eines fast leidenden Auf sich wirken lassen und einer mehr hinträumenden als hellbesonnenen Existenz doch so weit zu gelangen als sie wirklich gelangt ist.

Goethe an Schiller am 7. Februar 1798

Das was Sie mir von Ihrem wenigern Einfluß auf Agnes von Lilien schreiben vermehrt meinen Wunsch daß die Verfasserin, im Stillen, die Arbeit, besonders des zweiten Theils, nochmals vornehmen, ihn an Geschichtsdetail reicher machen und in Reflexionen mäßiger halten möge. Das Werk ist es werth, um so mehr da sie schwerlich, ihrer Natur nach, ein zweites Süjet finden wird in dem sie sich so glücklich ergehen kann. Im zweiten Bande sind mehrere sehr glückliche Situationen, die durch die eile mit der sie vorüberrauschen ihren Effect verfehlen. Ich wüßte nicht leicht einen Fall durch den man den Leser mehr ängstigen könnte als die Scheinheirath mit Julius; nur müßte freilich diese Stelle sehr retardirend behandelt werden.

Wenn Sie meiner Meinung sind, so suchen Sie die Verfasserin zu determiniren, um so mehr da es keine Eile hat, und man natürlich den ersten Eindruck eine Zeit lang muß walten lassen.

 

Aus dem Nachwort

Im Zeitalter der Aufklärung liebte man das Geheimnis. Jede Figur in diesem großen Liebes- und Erfolgsroman des späten 18. Jahrhunderts ist von Rätseln umgeben – wie die Frage nach dem Autor, als der Roman 1796 und 1797 in der von Friedrich Schiller herausgegebenen Monatszeitschrift „Die Horen“ erscheint. Was unter dem Titel „Agnes von Lilien“ dort abgedruckt wird, bleibt ein Fragment, die Rätsel der an Verwirrungen nicht eben armen Handlung sind am vorläufigen Ende keineswegs aufgeklärt. Und die Leser wissen nicht einmal, wer die Romanfolge überhaupt geschrieben hat. Kein Autor, keine Autorin hat sie gezeichnet.

Wie jede Art von Geheimnis in einer Zeit, in der Geheimbünde Konjunktur haben, übt das Rätsel anonymer oder pseudonymer Verfasserschaft einen beliebten Reiz aus. Die Anonymität hat viele Gründe. Sie ist damals, zumal unter Autorinnen adliger Herkunft, üblich, auch in den „Horen“. Und nicht zuletzt hat sie einen spielerischen Aspekt. Es gehört zu den geselligen Gesprächsvergnügungen in den gebildeten Kreisen Weimars, die Lösung solcher Rätsel gemeinsam zu erraten.

Bis auf Frau von Stein, die Frau von Kalb für die Verfasserin hielt, waren sich alle einig: Der Roman musste von einem Mann geschrieben worden sein. Einige glaubten an Goethe. Schiller berichtete diesem darüber am 6. Dezember 1796, und beide zeigten sich darüber höchst amüsiert: „Mit der Agnes von Lilien werden wir, scheint es, viel Glück machen; denn alle Stimmen, die ich hier darüber hören konnte, haben sich dafür erklärt. Sollten Sie es aber denken, daß unsre großen hiesigen Kritiker, die Schlegels, nicht einen Augenblick daran gezweifelt, daß das Product von Ihnen sei? Ja die Madame Schlegel meinte, daß Sie noch keinen so reinen und vollkommenen weiblichen Charakter erschaffen hätten, und sie gesteht, daß ihr Begriff von Ihnen sich durch dieses Product noch mehr erweitert habe. Einige scheinen ganz anders davon erbaut zu sein, als von dem vierten Bande des Meister. Ich habe mich bis jetzt nicht entschließen können, diese selige Illusion zu zerstören.“ Goethe antwortete einen Tag später: „Lassen Sie mir so lange als möglich die Ehre als Verfasser der Agnes zu gelten. Es ist recht schade, daß wir nicht in dunklern Zeiten leben; denn da würde die Nachwelt eine schöne Bibliothek unter meinem Namen aufzustellen haben.“

In Goethe den Autor zu vermuten waren allerdings nicht ganz abwegige Spekulationen, die Anklänge an „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ nicht zu übersehen. Da taucht eine an Mignon erinnernde und in ihrer vergeblichen Liebe zu dem Romanhelden ungemein rührende Kindfrau auf, da geht es um Bildung und um Entsagung. Von Dalberg jedoch gratulierte einem anderen zu seiner meisterlichen Leistung: Friedrich Schiller. Und manche hielten den Goethefreund Friedrich Heinrich Jacobi oder seinen Dichterbruder Johann Georg Jacobi für den Verfasser.

Die Geheimnisse der Autorschaft waren bald aufgeklärt, die der Handlung erst, als im Herbst 1797 der ganze Roman als Buch erschien. Wer ist dieses Waisenkind Agnes, dessen Geschichte hier erzählt wird? Wer ist ihr Vater, wer ihre Mutter? Unter welchen Umständen ist das Mädchen der Obhut eines Landgeistlichen in Hohenfels anvertraut worden, den sie wie einen Vater liebt? Wer ist der Fremde, der eines nachts an die Tür klopft und in den sich die Achtzehnjährige sofort verliebt? Er scheint ihre Liebe zu erwidern, doch ist er verheiratet mit jener Frau, deren Name auf seinem Ring steht? Warum nimmt er so intensiven Anteil an der Geschichte, die ihm der Geistliche über den Gutsherrn von Hohenfels erzählt? Warum hatte dieser sein Land vor vielen Jahren fluchtartig verlassen und blieb seither spurlos verschwunden?

Das ist erst der Anfang einer ständig wachsenden Fülle von Fragen, auf deren Beantwortung der Leser lange warten muss. Er weiß nie mehr als Agnes selbst. Denn der Roman ist in Ich-Form geschrieben, in der Fiktion einer Autobiographie, und das nicht mit dem überlegenen Wissen einer erwachsenen, ihr Leben rückblickend aufzeichnenden Frau, sondern aus der Perspektive des Kindes und der Jugendlichen

Der erste Teil des Romans hatte so viele Rätsel aufgegeben und Verwirrungen gestiftet, dass die Autorin im zweiten Teil kaum weniger Raum dazu brauchte, um sie alle zu lösen und zu entwirren. Dies geschieht sukzessive. Nichts scheint die Autorin mehr gefürchtet zu haben, als ihre Leserinnen und Leser zu langweilen. Und neben den vielen, immer neuen und zuweilen geradezu an den Haaren herbeigezogenen Hindernissen, die der endgültigen Vereinigung der Liebenden bis zum Schluss entgegenstehen, sind es die Missverständnisse und Geheimnisse, die für Spannung sorgen. So bediente und bedient der Roman zwei gegensätzliche Bedürfnisse zugleich: das nach Verzauberung in einer durch Aufklärung entzauberten Welt und das nach Aufklärung, die sich erst in der Lösung von Geheimnissen bewähren kann...

Zur vorliegenden Ausgabe: Druckvorlage für den Text des Romans in dieser Ausgabe war die erste Buchveröffentlichung. Sie erschien ohne Namensangabe der Autorin im Herbst 1797 in zwei Bänden und wurde vom Verlag auf 1798 vordatiert: Agnes von Lilien. Erster Theil. Berlin. Bei Johann Friedrich Unger. 1798 [430 Seiten]. - Agnes von Lilien. Zweyter Theil. Berlin. Bei Johann Friedrich Unger. 1798 [390 Seiten].