Der Ernst des Lesens - Friedhelm Rathjen bietet beinharte Forschung zu Arno Schmidt & Consorten

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dieser exzeptionelle Band könnte auch "The Best of Friedhelm Rathjen" heißen. Enthält er doch von allem, was der Autor im Laufe eines Vierteljahrhunderts geschrieben und veröffentlicht hat, die unumstrittenen Sternstunden. Mehr als 800 Einträge umfasst die Rathjen-Bibliografie inzwischen; nicht alles, was darin aufgeführt wird, wäre allerdings einen Nachdruck wert. In weiten Teilen nämlich hat Rathjen seine Zeit und Arbeitskraft verschwendet, indem er sich mit so ephemeren Dingen wie der Rezeption des Werks von James Joyce durch Arno Schmidt befasste, mit diversen Versuchen der Annäherung an Samuel Beckett, Hunderten von Rezensionen abseitiger Bücher oder gar den Verlockungen Irlands. Derlei ist erkennbar für den Augenblick geschrieben und für breitere Leserschichten weithin ohne Interesse. Hinzu kommt, dass Rathjen mitunter leider allzu bereitwillig dem Hang nachgibt, ernsten Dingen den nötigen Respekt zu versagen.

Aber zum Glück gibt es Ausnahmen, und eben die sind in dem neuen Band "Der Ernst des Lesens" versammelt. Wie der Untertitel "Beinharte Forschung zu Arno Schmidt & Consorten" schon andeutet, steht auch hier wieder einmal Rathjens Steckenpferd Arno Schmidt im Mittelpunkt, diesmal allerdings aus Blickwinkeln, die endlich einmal Relevanz über Abseitigkeit stellen; hinzu kommen die "Consorten", nämlich unter anderen: John Lennon, Lou Reed, James Joyce, Oscar Wilde, Heinrich Böll, Golden Earring, Jimi Hendrix, Rudolf Erich Raspe und Amanda Ross. In durchweg kundigen und stets ins Herz der behandelten Thematiken eindringenden Forschungsbeiträgen gibt dieser Band Antwort auf die wirklich wichtigen Fragen relevanter Rezeptionsweisen von Literatur und Kunst überhaupt.

Nämlich: Welche Flecken ziert ein gutes Buch? Was verbirgt sich hinter einem nur scheinbar harmlosen "Bürgerlichen Abend"? Wie lassen sich die Herren Laederach und Politycki fiktionalisieren? Wo und warum entflammte Arno Schmidt für Wishbone Ash? Wessen Fahrraderotik währt am längsten? Wie weit kam James Joyce mit dem Fahrrad? Was sagt John Lennon zu Oscar Wilde? Woher kommt das Irische an Boris Becker? Was treiben Papsttöchter bei Nacht? Warum gab es in Scheeßel lange keine Rockfestivals? Was übersetzte Arno Schmidt von John Lennon? Wieso ist Jimi Hendrix verschieden? Wessen Enkel weiß Bescheid? Welcher Lügenbold endete in Irland? Wo hingegen Amanda Ross? Wo ist der Schlagbaum? Wiegewiehert? Und so fort.

F.R.

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Titelbild

Friedhelm Rathjen: Der Ernst des Lesens. Beinharte Forschung zu Arno Schmidt & Consorten.
Edition ReJOYCE, Scheeßel 2006.
166 Seiten, 17,00 EUR.
ISBN-10: 3000202196

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