Die Unberührten

Robert Schneider beendet seine rheintalische Trologie Die Unberührten

Von Monika PapenfußRSS-Newsfeed neuer Artikel von Monika Papenfuß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Sie ist vollbracht - die "rheintalische Trilogie", ein von Robert Schneider konzipierter Roman-Dreierpack um das Leben und Sterben in der kargen Welt des Vorarlbergischen Landes und Heimat des Autoren, und spätestens nach der Lektüre des dritten Teils möchte man erleichtert aufatmen und ausrufen: Gott sei Dank!

Verspricht der Klappentext Ähnlichkeiten mit dem Erfolgsroman "Schlafes Bruder", nämlich eine "prachtvoll erzählte Utopie der Liebe", so verbirgt sich zwischen den Buchdeckeln eher ein abstruser Aufguss des American Dream.

Grundsätzlich bleibt Schneider jedoch seinem sich einmal bewährten Erfolgskonzept treu, ungeachtet der Tatsache, dass es ihm nicht das erhoffte Lob eingebracht hatte. Dies mu für den Verlag eine herbe Enttäuschung gewesen sein, denn man hat bei einer extrem aufwendigen Werbekampagne keine Kosten gescheut, den Autor und sein Werk zu präsentieren.

Auch in der "Luftgängerin" setzte Schneider auf Vorsehung und Mystik, aber das Engelhafte des Mädchen Maudi Lathur aus dem Städtchen Jacobsroth im Rheintal, der Heldin dieses Romans, wird nicht so recht plausibel.

Antonia Sahler, Heldin der "Unberührten", Kind aus einer der ältesten Lasten- und Salzsäumerfamilien ihrer Region, schaut im Traum auf ihr zukünftiges Leben. Bevor sie das erreicht, was die Vorsehung für sie bestimmt hat, führt sie jedoch ein abenteuerliches Leben am untersten Rande der New Yorker Gesellschaft, ein Leben, das jedes normale kleine Mädchen vom Lande wohl umgebracht hätte. Nicht so bei Schneider. Antonia verliert zunächst Vater und Mutter, wird an einen Menschenhändler und Kinderschänder verschachert und nach Amerika eingeschifft. Dort fristet sie als Straßenkind unter der zweifelhaften Obhut zweier mehr als zwielichtiger Gestalten ein menschenunwürdiges Leben. Der erste ist ein stummer Junge, Leidensgefährte vom Schiff und späterer bestialischer Mörder seines sadistischen schwulen Chefs, der zweite ein arbeitsloser Straßendieb, der sie erst vergewaltigt und dann auf den Strich schickt. Wie das Leben so spielt schickt der Zufall jedoch einen reichen Juden vorbei, der ihre ungewöhnliche Stimme entdeckt. Antonia endet schließlich als ungekrönte Königin des verwöhnten New Yorker Opernpublikums.

Mit dieser Mischung aus Sex and Crime und dem dazugehörigen Happy End hat Schneider dann wohl doch ein bisschen übertrieben und ist unübersehbar in die Nähe des Trivialromans gerutscht. Leider bieten weder die Sprache noch die Erzählkonzeption oder die Gestaltung der Personen Ansatzpunkte, ihn aus dieser Ecke hervorzuholen. Schneider erweist sich als braver Chronist, der die Ereignisse der Reihenfolge nach meist teilnahmslos wiedergibt. Ob die gestelzte, verstaubt wirkende Redeweise tatsächlich den Ton der rheintalischen Dörfer trifft, ist seinerzeit bereits bei "Schlafes Bruder" diskutiert worden. Dieselbe Frage kann man sich nun bei der Sprache der jüdischen New Yorker Upper Class stellen. Bei der Gestaltung der Personen und Lebensumstände der Antonia Sahler läßt Schneider kein Klischee aus.

Titelbild

Robert Schneider: Die Unberührten.
Knaus Verlag, München 2000.
232 Seiten, 19,40 EUR.
ISBN-10: 3813501612

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