Zu dieser Ausgabe

In Deutschland fühlt man sich bestens. Die Fußball-WM 2006 potenzierte patriotische Gefühle, die Bild-Zeitung titelte im selben Jahr "Wir sind Papst!" und seit Neuestem finden auch noch alle Handball toll - beziehungsweise glauben, kollektiv einen Oscar gewonnen zu haben.

Derartige Surrogate für die Wiedergewinnung eines verloren geglaubten Nationalstolzes häufen sich und zeigen an, dass man mit der dunklen Vergangenheit des eigenen Landes endlich kein Problem mehr haben möchte.

Gleichzeitig steigt die Zahl der deutschen Buchpublikationen über die Zeit des Nationalsozialismus immer weiter an. Das mag auf den ersten Blick paradox anmuten - doch es gilt, genauer hinzuschauen: Themen wie Adolf Hitlers "Untergang", der alliierte Bombenkrieg und die Betrauerung deutscher Vertriebenenschicksale beispielsweise werden in den Verlagsprogrammen immer mehr in den Fokus gerückt. Die Sphären von Täter- und Opfererinnerungen werden dabei zunehmend gleichgesetzt oder sogar gegeneinander aufgerechnet.

Die neue Ausgabe unserer Zeitschrift literaturkritik.de versucht, einige ordnende Schneisen in die Neuerscheinungsmassen zur NS-Geschichte zu schlagen, Problematisches von Lobenswertem zu trennen und unseren Lesern einen ersten kritischen Überblick zu verschaffen. Größtenteils angelehnt an das Thema dieses Monats ist übrigens auch die kleine Rubrik rund um das Werk und die Rezeption Arno Schmidts.

Wolfgang Wippermann vom Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin sei an dieser Stelle samt seinen beiden Doktoranden Achim Saupe und Felix Wiedemann für die koordinatorische und fachkritische Hilfe bei der Planung des Themenschwerpunkts herzlichst gedankt.

Beste Grüße,
Ihr
Jan Süselbeck