"Stasi muckt auf!"

Josef Detlefs missglückte Verteidigung des Antifaschismus der DDR

Von Wolfgang WippermannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Wolfgang Wippermann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Detlef Josephs Ziel ist berechtigt. Er wendet sich vehement gegen die "Abwicklung" und, wie er meint, Diffamierung des Antifaschismus der DDR. Tatsächlich musste der Antifaschismus nicht allen Bewohnern der DDR "verordnet" werden. Viele haben an ihn geglaubt. Einige waren wirkliche und überzeugte Antifaschisten. Antifaschismus in der DDR war "Wirklichkeit und Ideologie" zugleich (vergleiche Wolfgang Wippermann, Antifaschismus in der DDR. Wirklichkeit und Ideologie, Berlin 1980).

Dass Joseph mehr die Wirklichkeit als die Ideologie betont, ist verständlich. Begrifflich ist auch seine Kritik an den voreiligen und schlicht falschen Gleichsetzungen von "Drittem Reich" und DDR. Schließlich kann man Detlef Joseph auch noch darin folgen, dass er den ehemaligen Nazis in der DDR die weitaus zahlreicheren und einflussreicheren in der Bundesrepublik gegenüber stellt. Dennoch gleitet seine Relativierung der Bedeutung der Nazis in der DDR in eine gewisse Weißwäscherei der ostdeutschen Braunen ab. Völlig unerträglich wird es, wenn er dabei auch frühere Nazis und spätere Stasi-Leute in doppelter Weise entschuldet.

Dies zudem in einer - gelinde gesagt - quellennahen Sprache beziehungsweise im Jargon der Stasi. So lobt Joseph eine unverschämte Rechtfertigungsschrift, die führende Stasi-Funktionäre im Jahr 2002 vorgelegt haben, in den höchsten Tönen: Reinhard Grimmer/Werner Irmler/Willi Opitz/Wolfgang Schwanitz (Hrsg.), Die Sicherheit. Zur Abwehrarbeit des MfS, Bd. 1-2 Berlin 2002. Diese Stasi-Leute hätten sich damit gegen die - man glaubt es kaum - "Verunglimpfung der ehemaligen Angehörigen des MfS" gewehrt. Joseph kommentiert dies mit der keineswegs ironischen oder distanzierenden Überschrift: "MfS-Angehörige mucken auf".

Von Detlef Joseph stammen dann Sätze wie die folgenden: "Überzogene Reaktionen der DDR waren nicht selten das Resultat der Feindtätigkeit gegen die Sicherheit und Existenz dieses Staates (=DDR)." Wenige Zeilen später heißt es dann geradezu drohend: "Und schließlich ist nicht außer acht zu lassen, dass sich die gesamte staatliche Tätigkeit in der DDR auf der Grundlage gesetzlicher Vorschriften vollzog." Will der "Genosse Professor" noch ex post Prozesse wegen "Republikflucht" oder Einschmuggelns von "staatsfeindlichen Schriften" veranstalten?

Über diesen absolut verfehlten Versuch einer Ehrenrettung nicht nur des Antifaschismus der DDR, sondern auch noch der Stasi kann man nur den Kopf schütteln.


Titelbild

Detlef Joseph: Hammer, Zirkel, Hakenkreuz. Wie antifaschistisch war die DDR?
Eulenspiegel Verlag, Berlin 2006.
287 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-10: 3360010817

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