Die Macht des Paratextes - Christoph Jürgensens Studie über Strategien der Lektürelenkung im Werk Arno Schmidts

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Achtung vor dem Paratext", warnt Gérard Genette in seinem "Buch vom Beiwerk des Buches" (1989). Christoph Jürgensens Arbeit nimmt diese Mahnung zum Anlass, die Kanonisierung von Arno Schmidts Werk im Lichte paratextueller Strategien des Autors und seiner Verleger zu untersuchen.

Von Schmidts Debüt "Leviathan" (1949) bis zu seinem letzten, Fragment gebliebenem Typoskript "Julia, oder die Gemälde" (postum veröffentlicht 1983) richtet Jürgensen sein Augenmerk unter anderem auf die Klappentexte als verlegerische "Peritexte". Nicht nur Schmidt als "idealtypische[r] Kandidat" für eine Autorschaft, die die textliche Rahmungen als zentrales Mittel zur Beeinflussung der Rezeption mit einbezieht, sondern auch die sich seinem Einfluss teilweise entziehenden Methoden der Buchgestaltung werden also von Jürgensen erstmalig genauer untersucht.

Schmidts Lektor Ernst Krawehl etwa verfasste ungewöhnlich lange und ins Detail gehende Klappentexte zu den Romanen seines Autors, die Lesarten und Interpretationsansätze in einer Weise nahe legten, dass die Rezensenten ihnen in ihren Besprechungen folgten. Jürgensen zeigt anhand verschiedener solcher Beispiele, wie hoch Krawehls Einfluss auf die Rezeption des sich so erst nachhaltig formierenden literarischen Ansehens Arno Schmidts zu veranschlagen ist.

Mit Pierre Bourdieus Idee des "literarischen Feldes" argumentierend, stellt der Autor fest, dass das verlegerische Label "Arno Schmidt" den Schriftsteller als Archetyp eines "kritische[n] Nonkonformist[en]" inszenierte und somit maßgeblich zur Einreihung Schmidts in die "Klassiker der Moderne" im Hause Suhrkamp beitrug, in dem seine Werke heute erscheinen.

Mikro Adonis

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Titelbild

Christoph Jürgensen: "Der Rahmen arbeitet". Paratextuelle Strategien der Lektürelenkung im Werk Arno Schmidts.
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007.
274 Seiten, 59,90 EUR.
ISBN-13: 9783525205983

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