Tontaubenschießen - "Kritische Ausgabe", die "Zeitschrift für Germanistik & Literatur", präsentiert sechs Werkstattgespräche mit Gegenwartsautoren

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wer schreibt, kennt das Unwohlsein, das Christoph Hein beschreibt: "Da ist ein weißes Blatt Papier und das verursacht ein ungutes Gefühl". Sechs Autoren erzählen in der neuen Ausgabe der zweimal jährlich erscheinenden "Zeitschrift für Germanistik & Literatur", "Kritische Ausgabe", davon, "wie sie zum Schreiben kamen und welche Motivation sie bis heute bei der Stange hält", wie Chefredakteur Benedikt Viertelhaus zusammenfasst. "John von Düffel, Margit Schreiner, Wolfgang Kaes, Kathrin Röggla und Helmut Krausser stellten sich unseren Fragen, Christoph Hein durfte ich außerhalb der Reihe in Berlin besuchen".

Das ist schön. Herzhaft lachen darf man über die markigen Sprüche, die Helmut Krausser als notorisches Großmaul unter den Gegenwartsautoren absondert. In seinen Tagebüchern Rache an seinen Kritikern zu üben, das sei für ihn bislang "mehr ein Sport" gewesen. "Wie Tontaubenschießen. Kein Blut fließt. Inzwischen kenn ich die Branche genauer und weiß, dass einfach über 90 Prozent der Leute da... (räuspert sich) - na ja!" Über seinen letzten, in der "Süddeutschen Zeitung" und der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (F.A.Z.) total verrissenen Roman "Eros" gibt er in dem Interview vollmundig an: "Sagen wir mal so, eigentlich hätte Eros mein Welterfolg werden sollen." Schuld daran, dass das nicht geklappt hat, seien die beiden genannten Zeitungen, deren "bösartige" Kritiken gleichzeitig zur Buchmesse erschienen waren. Das hätte dem Roman "etwas den Boden unter den Füßen weggezogen". Mit dem von Edo Reents in der F.A.Z. geäußerten Vorwurf der "Wichtigtuerei" kann Krausser nichts anfangen: "Ach, der Rezensent in der F.A.Z., der zählt nicht."

Gegen Ende des Interviews setzt der Autor noch einen drauf. In Bezug auf eine von Reents monierte fehlerhafte Formulierung in seinem Roman tönt der Kritisierte: "Also, sagen Sie mal, wo sind wir hingekommen, wenn ein Kritiker statt der poetischen Wendung die Phrase einfordert? (Das Publikum lacht.)"

Neben den lesenswerten Interviews enthält die Ausgabe auch zahlreiche Rezensionen und nicht zuletzt Texte der interviewten Autoren selbst, in denen sie von ihren Erfahrungen beim Schreiben berichten.

J.S.


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Kritische Ausgabe. Zeitschrift für Germanistik & Literatur. 11. Jahrgang, Sommer 2007.
Kritische Ausgabe / Universität Bonn, Bonn 2007.
136 Seiten, 4,50 EUR.
ISSN: 16171357

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