Mit Obdachlosen experimentieren

Eiskalt ist es in Michel Theurillats zweitem Krimi

Von Liliane StuderRSS-Newsfeed neuer Artikel von Liliane Studer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dass vermehrt Obdachlose sterben, wird in diesem Winter rasch den niedrigen Temperaturen zugeschrieben, und es gibt vorerst keinen Grund, an der Richtigkeit dieser Annahme zu zweifeln. Und doch, irgendetwas scheint seltsam zu sein - und so erstaunt denn den Gerichtsmediziner nicht, dass er bei der Obduktion bei einem der Toten ein seltsames Gift findet. Erste Spuren führen zu einem renommierten Professor am Biochemischen Institut der Universität Zürich, namens Winter (nomen est omen), der als Anwärter für den Nobelpreis gehandelt wird - denn er gilt als Koryphäe. Eschenbach, der Kommissar, schaut eher neidisch auf seinen früheren Schulfreund Winter, den er vor Jahren aus den Augen verloren hat und nun wieder trifft in Zusammenhängen, die ihm gar nicht lieb sind. Eschenbach kann und will sich zuerst nicht vorstellen, dass bei Winter nicht alles mit rechten Dingen zugehen soll. Aber je länger er ermittelt, je weniger lassen sich seine Zweifel zerstreuen. Bei Winter ist etwas im Gange. Verstärkt werden seine Vermutungen durch das plötzliche Verschwinden von Winters Assistenten. Seine Ermittlungen führen ihn in die gehobeneren Kreise, wo er sich mit Intrigen, Korruption und Lügen konfrontiert sieht. Da die Wahrheit herauszufinden, erweist sich als äußerst schwierig.

Mit "Eistod" legt Michel Theurillat, der 1961 in Basel geboren wurde, nach "Im Sommer sterben" seinen zweiten Kriminalroman vor. Er ist süffig geschrieben, arbeitet mit den bekannten Mitteln wie dem Kommissar, der ein sympathischer Kerl ist, so einer wie du und ich und in einigem an Donna Leons Brunetti erinnert - auch Eschenbach sorgt sich sehr um seine Kinder. Da fühlt man sich bei der Lektüre gleich gut aufgehoben.

Auf der andern Seite gelingt es dem Autor nicht immer, die Handlung voranzutreiben. Und das ist nicht das, was man bei einem Krimi sucht. Über längere Strecken zieht sich der Roman zäh dahin, die eigentliche Handlung geht verloren - und vor allem fragt sich die Leserin dabei, warum sie sich eigentlich für wen interessieren sollte. Das ist schade, denn die Geschichte, dass Obdachlose als Versuchskaninchen für die diversesten Substanzen gebraucht beziehungsweise missbraucht werden, ist durchaus aktuell. Aber einem Krimi, der einfach nicht so recht spannend ist, fehlt etwas ganz Entscheidendes.


Titelbild

Michael Theurillat: Eistod.
Claassen Verlag, Berlin 2007.
315 Seiten, 19,95 EUR.
ISBN-13: 9783546004206

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